Ein neuer König und eine schwere Entscheidung
Als König Salomo starb, wurde sein Sohn Rehabeam der neue König. Doch Rehabeam war ganz anders als sein weiser Vater. Salomo hatte ihn als Kind vernachlässigt und sich mehr um seine vielen Frauen und Paläste gekümmert als um die Erziehung seines Sohnes. So wuchs Rehabeam ohne die liebevolle Führung auf, die ein zukünftiger König gebraucht hätte.
Seine Mutter war eine Frau aus dem heidnischen Volk der Ammoniter, und von ihr hatte er einen schwankenden, unentschlossenen Charakter geerbt. Manchmal wollte er Gott dienen, dann wieder ließ er sich von schlechten Einflüssen verführen. Er war wie ein Schiff ohne festen Anker, das mal hierhin, mal dorthin trieb.
Zur Krönung versammelten sich alle zwölf Stämme Israels in der Stadt Sichem. Unter den Menschen war auch Jerobeam, ein tüchtiger Mann, dem ein Prophet einst eine erstaunliche Botschaft gebracht hatte: „Gott wird das Königreich teilen, und du wirst über zehn Stämme herrschen." Doch das sollte erst nach Salomos Tod geschehen.
Das Volk Israel war müde und erschöpft. Viele Jahre lang hatte Salomo sie mit hohen Steuern und schwerer Zwangsarbeit belastet, um seine prächtigen Bauten zu finanzieren. Die Menschen hatten geschuftet wie Sklaven, damit ihr König in Luxus leben konnte. Nun hofften sie auf Erleichterung.
Mit ernsten Gesichtern traten die Vertreter des Volkes vor den jungen König und sprachen: „Dein Vater hat uns ein schweres Joch auferlegt. Unsere Schultern sind wund von der Last, unsere Hände blutig von der harten Arbeit. Wenn du diese Lasten erleichterst, werden wir dir gerne dienen."
Es war eine faire Bitte. Das Volk wollte nicht rebellieren - sie baten nur um Gerechtigkeit und Mitgefühl. Rehabeam antwortete: „Gebt mir drei Tage Zeit zum Nachdenken. Dann werde ich euch meine Antwort geben."
Zwei Ratschläge - weise Worte und törichte Pläne
Rehabeam wusste, dass dies die wichtigste Entscheidung seines Lebens war. Zuerst ging er zu den alten, erfahrenen Männern, die seinem Vater Salomo gedient hatten. Diese weisen Berater hatten viele Jahre lang die Höhen und Tiefen des Königreichs miterlebt.
„Was ratet ihr mir?" fragte Rehabeam. „Wie soll ich dem Volk antworten?"
Die alten Männer blickten ihn mit freundlichen, aber ernsten Augen an. „Mein junger König," sagten sie, „wenn du heute ein Diener deines Volkes wirst, wenn du ihnen mit Güte und Freundlichkeit begegnest, dann werden sie dir für immer treu sein. Ein König, der seinem Volk dient, wird von seinem Volk geliebt."
Das war ein wunderbarer Rat! Diese Männer wussten: Wahre Macht kommt nicht durch Härte und Gewalt, sondern durch Liebe und Dienst. Ein König, der das Herz seines Volkes gewinnt, ist stärker als einer, der nur Angst verbreitet.
Doch Rehabeam gefiel dieser Rat nicht. Er fand ihn schwach und altmodisch. Stattdessen ging er zu seinen Jugendfreunden - jungen Männern, die mit ihm aufgewachsen waren und genauso unerfahren und stolz waren wie er.
„Was meint ihr?" fragte er sie. „Das Volk will, dass ich ihre Lasten erleichtere. Aber ich will ihnen zeigen, wer hier der Herr ist!"
Die jungen Männer lachten und rieben sich die Hände. „Sag ihnen," riefen sie, „dass du viel härter sein wirst als dein Vater! Sag ihnen: 'Mein Vater hat euch mit Peitschen geschlagen - ich werde euch mit Skorpionen schlagen!' Zeig ihnen, dass du der mächtigste König bist, den sie je hatten!"
Diese törichten Worte gefielen Rehabeam. Sie schmeichelten seinem Stolz und seiner Eitelkeit. Er fühlte sich stark und wichtig, wenn er daran dachte, wie er seine Macht zeigen könnte.
So traf Rehabeam die verhängnisvollste Entscheidung seines Lebens. Anstatt auf die Weisheit der Erfahrenen zu hören, wählte er den Rat der Unerfahrenen. Anstatt ein Diener zu werden, wollte er ein Tyrann sein.
Das zerbrochene Königreich - Wenn Stolz alles zerstört
Am dritten Tag versammelte sich das ganze Volk wieder. Gespannt warteten sie auf die Antwort ihres neuen Königs. Würde er gnädig sein? Würde er ihre schweren Lasten erleichtern?
Rehabeam stand auf seinem Thron, umgeben von seinen jungen Beratern. Sein Gesicht war hart und kalt. Mit lauter Stimme rief er: „Ihr wollt, dass ich eure Lasten erleichtere? Niemals! Mein Vater hat euer Joch schwer gemacht - ich werde es noch schwerer machen! Mein Vater hat euch mit Peitschen geschlagen - ich werde euch mit Skorpionen schlagen!"
Ein Schock ging durch die Menge. Die Menschen konnten nicht glauben, was sie hörten. Statt Mitgefühl bekamen sie Drohungen. Statt Erleichterung wurde ihnen noch größeres Leid versprochen.
Da riefen die Vertreter der zehn nördlichen Stämme: „Was haben wir noch mit dem Haus David zu schaffen? Wir gehen nach Hause! Sorge du für dein eigenes Haus, Rehabeam!"
Und so geschah das Unglaubliche: Das große, mächtige Königreich Israel zerbrach in zwei Teile. Die zehn nördlichen Stämme machten Jerobeam zu ihrem König und nannten ihr Reich „Israel". Nur die beiden südlichen Stämme Juda und Benjamin blieben bei Rehabeam und bildeten das Königreich „Juda".
Rehabeam war entsetzt. In einem einzigen Moment hatte er durch seine Härte und Dummheit das meiste seines Königreichs verloren. Verzweifelt sandte er seinen Fronvogt Adoram zu den rebellierenden Stämmen, um Frieden zu schließen. Doch das Volk war so wütend, dass sie Adoram mit Steinen bewarfen, bis er starb.
Voller Panik sprang Rehabeam auf seinen Wagen und floh nach Jerusalem. Dort sammelte er eine große Armee von 180.000 Soldaten, um die abtrünnigen Stämme zurückzuerobern.
Doch Gott sandte den Propheten Schemaja mit einer klaren Botschaft: „Kämpft nicht gegen eure Brüder! Geht nach Hause! Denn das alles ist von mir geschehen." Und siehe da - das Volk gehorchte Gott und ging friedlich nach Hause.
So lernte Rehabeam eine bittere Lektion: Gott hatte die Teilung des Reiches zugelassen, weil Salomo ihm untreu geworden war. Nun musste sein Sohn die Folgen tragen.
Die ersten drei Jahre versuchte Rehabeam, ein besserer König zu werden. Er baute starke Festungen und sorgte für sein Volk. Viele gottesfürchtige Menschen aus dem Nordreich kamen zu ihm, weil sie Gott treu bleiben wollten. Das Königreich Juda wurde gestärkt.
Doch leider hielt Rehabeams guter Vorsatz nicht lange an. Als er sich sicher und mächtig fühlte, vergaß er Gott und wandte sich den Götzen zu - genau wie sein Vater Salomo. Und wieder folgte das Volk seinem schlechten Beispiel.
Die Geschichte von Rehabeam zeigt uns: Unsere Entscheidungen haben Folgen - nicht nur für uns selbst, sondern auch für viele andere Menschen. Ein einziges hartes Wort, eine einzige lieblose Tat kann großen Schaden anrichten. Aber ein freundliches Wort, eine gütige Handlung kann Herzen gewinnen und Frieden bringen.
Wahre Stärke liegt nicht darin, andere zu unterdrücken, sondern darin, ihnen zu dienen. Wahre Macht kommt nicht durch Härte, sondern durch Liebe. Das hatte Rehabeam nicht verstanden - und so verlor er fast alles, was er hätte haben können.