Das Problem der Bequemlichkeit
Nach Josuas Tod und der Landverteilung geschah etwas Trauriges. Die Israeliten wurden bequem. Sie hatten genug Land erobert, um gut zu leben, und verloren den Mut für weitere Kämpfe. Statt die letzten heidnischen Völker zu vertreiben, wie Gott es befohlen hatte, machten sie diese zu ihren Dienern.
David, der inzwischen ein junger Mann geworden war, hörte die älteren Männer seines Dorfes darüber sprechen. Sein Großvater schüttelte traurig den Kopf, wenn er erzählte, wie die verschiedenen Stämme Bündnisse mit den Kanaanitern geschlossen hatten, anstatt sie zu vertreiben.
Das war ein großer Fehler! Gott hatte ihnen klar gesagt, sie sollten keine Bündnisse mit den Götzendienern eingehen. Diese Völker würden sie vom wahren Glauben wegführen. Aber die Israeliten dachten, sie könnten es besser wissen als Gott.
Die schlimmen Folgen
Und tatsächlich - es dauerte nicht lange, bis die Warnung Gottes eintraf. Die jungen Israeliten begannen, Kanaaniter zu heiraten. Sie nahmen an deren Festen teil. Langsam aber sicher breitete sich der Götzendienst wie eine Krankheit im Land aus.
David sah, wie manche Familien in seinem Dorf kleine Götzenbilder in ihren Häusern aufstellten. Sie beteten noch zu dem wahren Gott, aber sie beteten auch zu den falschen Göttern der Heiden. Sie dachten, das würde ihnen doppelten Schutz geben.
Aber das Gegenteil geschah. Je mehr sie sich von Gott abwandten, desto schwächer wurden sie. Ihre Feinde bemerkten das und begannen, sie anzugreifen. Zuerst waren es die Könige von Mesopotamien und Moab, dann die Philister und andere Völker.
Die Zeit der Richter beginnt
Immer wenn Israel in große Not geriet, schrie es zu Gott um Hilfe. Und Gott, in seiner großen Barmherzigkeit, erweckte Befreier - Männer und Frauen, die man Richter nannte. Othniel, Ehud, die tapfere Debora und der mutige Barak befreiten das Volk von seinen Feinden.
Aber sobald der Befreier starb, fiel das Volk wieder in die alten Sünden zurück. Es war ein trauriger Kreislauf: Sünde, Strafe, Reue, Befreiung - und dann wieder von vorn.
David verstand nicht, warum die Menschen so vergesslich waren. Hatten sie nicht gesehen, wie mächtig Gott war? Watten sie nicht erlebt, wie er sie immer wieder rettete?
Die Midianiter kommen
Als David ein junger Mann war, erlebte er selbst eine dieser schrecklichen Zeiten. Diesmal waren es die Midianiter und Amalekiter, die das Land überfielen. Diese wilden Wüstenvölker kamen wie eine Heuschreckenplage über Israel.
Sie kamen immer zur Erntezeit, wenn das Getreide reif war. Mit ihren unzähligen Kamelen und Zelten breiteten sie sich über das ganze Land aus. Sie stahlen die Ernte, plünderten die Dörfer und machten das Leben der Israeliten zur Hölle.
David und seine Familie mussten ihr Dorf verlassen und sich in Höhlen verstecken. Sieben lange Jahre dauerte diese Bedrängnis. Die Israeliten, die einst stolze Krieger gewesen waren, lebten jetzt wie Mäuse in Löchern.
Ein junger Mann beim Dreschen
In einem kleinen Dorf namens Ophra lebte ein junger Mann namens Gideon. Er gehörte zum Stamm Manasse und war der Sohn eines Mannes namens Joas. Die Familie war nicht besonders reich oder berühmt, aber sie war für ihren Mut und ihre Ehrlichkeit bekannt.
Gideon hatte mehrere Brüder gehabt, aber alle außer ihm waren in den Kämpfen gegen die Midianiter gefallen. Jetzt war er der einzige Überlebende, und die Feinde fürchteten ihn.
An einem Tag war Gideon dabei, heimlich Weizen zu dreschen. Normalerweise machte man das auf der offenen Tenne, wo der Wind die Spreu wegblasen konnte. Aber Gideon wagte das nicht - die Midianiter hätten ihn sofort entdeckt und ihm das Getreide weggenommen.
Deshalb versteckte er sich bei einer Weinkelter. Die Weinlese war noch weit weg, also schauten die Feinde dort nicht nach. Während er still und verborgen arbeitete, dachte er bekümmert über die Lage seines Volkes nach. Wie konnte Israel das Joch der Unterdrücker abschütteln?
Ein überraschender Besuch
Plötzlich erschien ein Fremder und sprach ihn an: Der Herr mit dir, du streitbarer Held!
Gideon schaute auf. Ein streitbarer Held? Er fühlte sich nicht wie ein Held. Er versteckte sich doch vor den Feinden!
Bitter antwortete er: Ach, mein Herr! Ist der Herr mit uns, warum ist uns denn das alles widerfahren? Wo sind alle seine Wunder, die uns unsere Väter erzählten? Sie sagten, der Herr habe sie aus Ägypten geführt. Aber nun hat uns der Herr verstoßen und in die Hände der Midianiter gegeben.
Der Fremde - es war der Engel des Herrn - antwortete: Geh hin in dieser deiner Kraft! Du sollst Israel erretten aus den Händen der Midianiter. Siehe, ich habe dich gesandt!
Ein Zeichen vom Himmel
Gideon konnte es kaum glauben. Er bat um ein Zeichen, dass wirklich Gott mit ihm sprach. Schnell lief er in sein Haus und bereitete ein Mahl zu - einen jungen Ziegenbock und ungesäuerte Brote.
Der Engel sagte ihm, er solle das Fleisch und die Brote auf einen Felsen legen und die Brühe darüber gießen. Als Gideon das getan hatte, berührte der Engel mit seinem Stab das Opfer. Sofort loderte Feuer aus dem Felsen und verzehrte alles. Dann verschwand der Engel.
Jetzt wusste Gideon: Gott hatte wirklich zu ihm gesprochen! Aber seine erste Aufgabe war nicht leicht. Er sollte den Götzenaltar seines eigenen Vaters zerstören!
Der Kampf gegen die Götzen
Joas, Gideons Vater, hatte wie viele andere Israeliten einen Altar für den falschen Gott Baal errichtet. Die Dorfbewohner beteten dort an und hofften, dass Baal ihnen helfen würde.
Gideon wusste, dass er auf Widerstand stoßen würde, wenn er den Altar am Tag zerstörte. Also tat er es nachts mit Hilfe seiner Knechte. Sie rissen den Baal-Altar nieder und errichteten an derselben Stelle einen Altar für den wahren Gott.
Am nächsten Morgen waren die Dorfbewohner wütend. Sie wollten Gideon töten! Aber sein Vater Joas verteidigte ihn. Er sagte: Wollt ihr für Baal streiten? Wenn er wirklich ein Gott ist, soll er für sich selbst streiten, weil sein Altar niedergerissen wurde!
Das leuchtete den Leuten ein. Wenn Baal nicht einmal seinen eigenen Altar schützen konnte, wie sollte er dann seine Anbeter schützen?
Der Ruf zu den Waffen
Als Gideon die Kriegstrompete blies, kamen die Männer von Ophra als erste zu ihm. Schnell sandte er Boten zu seinem Stamm Manasse und zu den Stämmen Asser, Sebulon und Naphthali. Alle folgten dem Ruf.
Aber Gideon war noch unsicher. Er bat Gott um noch ein Zeichen. Er legte ein Schaffell auf die Tenne und betete: Wenn du Israel wirklich durch meine Hand erretten willst, dann lass morgen früh nur das Fell nass vom Tau sein, aber den Boden ringsum trocken.
Am nächsten Morgen war es genau so! Das Fell war so nass, dass Gideon eine ganze Schale Wasser auswringen konnte, aber der Boden war trocken.
Doch Gideon hatte noch Zweifel. Er bat um das umgekehrte Zeichen: Das Fell sollte trocken bleiben, aber der Boden sollte nass sein. Und auch das gewährte Gott ihm.
Eine überraschende Anweisung
Gideons Heer zählte zweiunddreißigtausend Mann. Das war nicht viel im Vergleich zu den Midianitern, die wie Heuschrecken das Tal füllten. Aber dann sagte Gott etwas Überraschendes: Das Heer ist zu groß! Wenn Israel mit so vielen Männern siegt, werden sie sagen, sie hätten sich selbst gerettet.
Gott befahl Gideon, alle wegzuschicken, die Angst hatten oder andere wichtige Dinge zu erledigen hatten. Das war ein altes Gesetz in Israel - niemand sollte gegen seinen Willen kämpfen müssen.
Zweiundzwanzigtausend Mann gingen nach Hause! Nur zehntausend blieben übrig.
Aber Gott sagte: Immer noch zu viele! Führe sie zum Wasser, und ich werde sie für dich prüfen.
Die Prüfung am Wasser
Am Fluss geschah etwas Seltsames. Die meisten Männer knieten sich hin und tranken gemächlich aus dem Wasser. Aber dreihundert Mann schöpften schnell Wasser mit ihren Händen und tranken im Stehen, bereit zum sofortigen Aufbruch.
Diese dreihundert erwählte Gott! Alle anderen durften nach Hause gehen.
Gideon war bestürzt. Dreihundert Mann gegen eine Armee, die wie Heuschrecken war? Aber Gott wusste, was er tat. Diese dreihundert waren nicht nur mutig und wachsam - sie waren auch treue Männer, die sich nicht durch Götzendienst verunreinigt hatten.
Ein ermutigendes Zeichen
In der Nacht vor der Schlacht sagte Gott zu Gideon: Geh mit deinem Diener ins Lager der Midianiter hinab. Dort wirst du etwas hören, das dir Mut macht.
Gideon schlich sich mit seinem Diener Pura ins feindliche Lager. Dort hörte er, wie ein Soldat einem anderen seinen Traum erzählte: Ich träumte, ein Gerstenbrot rollte in unser Lager und stieß ein Zelt um, sodass es zusammenfiel.
Der andere Soldat antwortete: Das ist das Schwert Gideons, des Israeliten! Gott hat uns in seine Hand gegeben!
Gideon erkannte Gottes Stimme in diesen Worten. Er kehrte zu seinen Männern zurück und rief: Macht euch bereit! Der Herr hat das Lager der Midianiter in unsere Hände gegeben!
Der geniale Schlachtplan
Gott gab Gideon einen ungewöhnlichen Schlachtplan. Die dreihundert Mann wurden in drei Gruppen geteilt. Jeder bekam eine Trompete und eine Fackel, die er in einem Tonkrug versteckte.
In der stockfinsteren Nacht umstellten sie das midianitische Lager von drei Seiten. Auf Gideons Signal ließen alle gleichzeitig ihre Trompeten erschallen, zerschlugen ihre Krüge und hielten die brennenden Fackeln hoch. Dabei schrien sie: Hier Schwert des Herrn und Gideons!
Der wunderbare Sieg
Das schlafende Heer der Midianiter erwachte in Panik. Überall sahen sie Fackeln und hörten Trompeten. Sie dachten, sie seien von einer riesigen Armee umzingelt!
In ihrer Verwirrung griffen sie sich gegenseitig an, weil sie in der Dunkelheit Freund und Feind nicht unterscheiden konnten. Mit wilden Schreien flohen sie um ihr Leben.
Als sich die Nachricht vom Sieg verbreitete, kamen Tausende von Israeliten aus ihren Verstecken und verfolgten die fliehenden Feinde. Bei dieser außergewöhnlichen Schlacht kamen 120.000 Feinde ums Leben. Die Macht der Midianiter war für immer gebrochen.
Ein demütiger Held
Nach dem Sieg wollten die Israeliten Gideon zum König machen. Aber Gideon lehnte ab. Er sagte: Ich will nicht Herrscher über euch sein, und mein Sohn soll auch nicht Herrscher über euch sein. Der Herr soll Herrscher über euch sein!
Das zeigte, wie edel Gideons Herz war. Er verstand, dass der Sieg nicht ihm, sondern Gott gehörte.
Gott hatte gezeigt, dass er nicht viele Menschen braucht, um große Dinge zu tun. Mit dreihundert treuen Männern hatte er eine riesige Armee besiegt. Es kommt nicht auf die Zahl an, sondern auf den Glauben und Gehorsam.
Eine wichtige Lektion
David, der diese Geschichte von seinem Großvater hörte, verstand die wichtige Botschaft: Gott erwählt nicht immer die Menschen, die in den Augen der Welt groß und mächtig sind. Er erwählt die, die demütig sind und bereit, seinem Willen zu folgen.
Gideon war nicht der Stärkste oder Klügste. Er hielt sich selbst für den Geringsten in seines Vaters Haus. Aber er war bereit zu gehorchen, und das machte ihn zu Gottes Werkzeug.
Die Geschichte lehrte David auch, dass wahre Stärke von Gott kommt. Die ausgefeiltesten Pläne ohne Gottes Segen werden scheitern. Aber der einfachste Plan mit Gottes Hilfe wird erfolgreich sein.
Ein trauriges Ende
Leider hatte Gideons Geschichte auch eine traurige Seite. Nach seinem großen Sieg machte er einen Fehler. Er ließ ein goldenes Ephod anfertigen, ähnlich dem, was der Hohepriester trug. Er wollte damit Gott eh
ren, aber er machte damit einen großen Fehler.
Das goldene Ephod wurde ihm und seinem Volk zum Fallstrick. Viele Menschen kamen, um es anzubeten, und wandten sich dadurch vom wahren Gott ab. Nach Gideons Tod schloss sich sogar seine eigene Familie diesem Götzendienst an.
Der Mann, der einst die Götzenbilder zerstört hatte, führte das Volk wieder in die Götzenanbetung! Es zeigte, wie vorsichtig auch die Besten sein müssen. Selbst die größten Helden können straucheln und fallen.
Der Kreislauf geht weiter
Nach Gideons Tod vergaß das Volk schnell, was er für sie getan hatte. Sie dachten nicht mehr an den Herrn, der sie aus der Hand ihrer Feinde errettet hatte. Sie zeigten sich nicht dankbar gegen das Haus Gideons für all das Gute, das er an Israel getan hatte.
Schlimmer noch - sie machten Gideons unehelichen Sohn Abimelech zu ihrem König. Dieser böse Mann tötete alle rechtmäßigen Söhne Gideons bis auf einen, um seine Macht zu sichern.
So zeigte sich wieder: Wenn Menschen keine Gottesfurcht mehr haben, verlieren sie auch schnell ihre Menschlichkeit. Undankbarkeit gegen Gott führt zu Undankbarkeit gegen Menschen.
Die Lehre für alle Zeiten
David verstand aus dieser Geschichte eine wichtige Wahrheit: Jeder Mensch hat Einfluss auf andere. Worte und Taten haben eine durchdringende Macht, deren Wirkung noch lange zu spüren ist.
Gideon hatte Israel wunderbar befreit, aber sein Fehler mit dem goldenen Ephod führte viele Menschen in die Irre. Selbst nach seinem Tod wirkten die Folgen weiter.
Das lehrte David, vorsichtig zu sein mit allem, was er sagte und tat. Jeder Mensch ist verantwortlich für den Einfluss, den er auf andere ausübt. Dieser Gedanke verlieh dem Leben großen Ernst.
Die Geschichte Gideons zeigte auch, dass selbst die Erfahrensten sich irren können und die Stärksten straucheln können. Deshalb muss jeder Mensch ständig von Gott geleitet werden. Die einzige Sicherheit liegt im bedingungslosen Vertrauen zu dem, der sagt: Folge mir nach!
So wurde die Geschichte des mutigen Gideon zu einer Lehre über Demut, Gehorsam und die Notwendigkeit, bis zum Ende treu zu bleiben. Gott kann große Dinge durch schwache Menschen tun - aber diese Menschen müssen immer wachsam bleiben, damit sie nicht am Ende doch noch fallen.