Die Bibel – Teil 17: Die dunkle Nacht voller Fragen

Die Bibel – Teil 17: Die dunkle Nacht voller Fragen

Martin Zimmermann |

Eine staubige Wüste, so weit das Auge reicht. Die Kamele der Karawane schnauften laut, während die Männer sich auf einer fremden Sprache unterhielten. Doch ein junger Mann lief schweigend mit gesenktem Kopf mit: Joseph. Sein Herz fühlte sich an wie ein schwerer Stein. Noch vor kurzem hatte er mit seinen Brüdern am Lagerfeuer gesessen. Jetzt war alles anders. Verkauft! Von seinen eigenen Brüdern! Das tat so weh, dass ihm die Tränen über das Gesicht liefen. „Warum nur? Was habe ich falsch gemacht?“ flüsterte er leise vor sich hin. Er konnte in der Ferne die Hügel sehen, hinter denen seine Heimat lag. Doch sie wurden immer kleiner, je weiter die Karawane zog.

Die Erinnerung an den Verrat
Joseph schloss die Augen und sofort war er wieder in Dothan. Die finsteren Gesichter seiner Brüder tauchten vor seinem inneren Auge auf. „Da kommt der Träumer!“, hatten sie gespottet. Sie hatten ihn festgehalten und in einen tiefen Brunnen geworfen. Joseph erinnerte sich an die verzweifelten Rufe, die er nach oben geschickt hatte: „Bitte, lasst mich gehen! Ich habe euch nichts getan!“ Doch seine Brüder hatten nur gelacht und ihn dann an fremde Männer verkauft.

Jetzt war Joseph allein. Wie sollte er in einem fremden Land ohne Freunde zurechtkommen?

Ein kleiner Lichtstrahl der Hoffnung
„Gib nicht auf!“, erinnerte sich Joseph plötzlich an die Worte seines Vaters. Jakob hatte ihm oft von Gott erzählt, dem Beschützer ihrer Familie. „Gott hat Abraham und mich geführt, auch in den schwersten Zeiten“, hatte sein Vater gesagt. „Gott ist immer da, auch wenn wir ihn nicht sehen.“

Joseph atmete tief ein. „Vielleicht hat Gott auch für mich einen Plan“, dachte er. Langsam spürte er, wie in seinem Herzen ein Funken Hoffnung aufleuchtete. Er nahm sich vor: „Ich werde Gott vertrauen und mein Bestes geben.“

Ankunft in einem fremden Land
Nach einer langen, anstrengenden Reise kam die Karawane endlich in Ägypten an. Joseph war überwältigt von den großen Palästen und den bunten Häusern. Auf den Märkten riefen Händler, und überall roch es nach Gewürzen und fremden Speisen. Joseph fühlte sich ganz klein inmitten der Menschenmenge. „Alles hier ist so anders“, dachte er.

Die Männer, die Joseph gekauft hatten, führten ihn zu einem großen Haus. Ein stattlicher Mann trat heraus. „Das ist Potiphar“, flüsterten die Händler. Potiphar war ein wichtiger Offizier des Pharaos, des Königs von Ägypten. Joseph wurde ihm übergeben. Er wusste, dass sein Leben nun völlig neu beginnen würde.

Harte Arbeit und Gottes Segen
Joseph arbeitete fleißig. Er war pünktlich, ehrlich und hilfsbereit. Potiphar beobachtete ihn genau. Nach einiger Zeit sagte er zu seinen Dienern: „Dieser junge Mann ist außergewöhnlich. Alles, was er anfasst, gelingt ihm.“ Potiphar gab Joseph immer mehr Verantwortung. Schließlich wurde er der Verwalter über das ganze Haus.

Doch Joseph wusste, dass sein Erfolg nicht nur durch seine harte Arbeit kam. „Gott hilft mir“, dachte er oft. Und genau das machte ihn stark.

Hast du auch schon gemerkt, dass es leichter wird, wenn du nicht aufgibst und Vertrauen hast? So erging es Joseph.

Eine gefährliche Falle
Joseph arbeitete hart und war bei Potiphar sehr angesehen. Doch Potiphars Frau beobachtete ihn immer wieder und versuchte, ihn in eine Falle zu locken. Sie wollte, dass er heimlich gegen die Regeln und gegen Gott handelte – etwas, das sie ihm befahl, obwohl sie wusste, dass es falsch war. „Joseph, komm zu mir und tue, was ich sage! Niemand wird es erfahren“, flüsterte sie und versuchte, ihn zu überreden.

Joseph sah sie ernst an und antwortete fest: „Nein! Wie könnte ich so etwas tun? Es wäre ein großer Fehler – nicht nur gegen Potiphar, sondern auch gegen Gott!“

Potiphars Frau war empört, dass Joseph sie ablehnte. Ihr Gesicht lief rot vor Zorn. „Das wirst du bereuen!“, schrie sie und fasste einen bösen Plan. Sie wollte sich rächen und stellte Joseph eine Falle. Sie erzählte ihrem Mann eine Lüge und behauptete, Joseph hätte sie schlecht behandelt.

Potiphar glaubte seiner Frau und wurde sehr wütend. „So etwas dulde ich nicht!“, rief er. Ohne nachzufragen ließ er Joseph ins Gefängnis werfen.

Stell dir vor, wie es für Joseph gewesen sein muss: Er hatte nichts falsch gemacht und wurde trotzdem bestraft. Was würdest du tun, wenn dich jemand zu Unrecht beschuldigt? Joseph war traurig, aber er verlor nicht die Hoffnung. Er hielt fest an seinem Glauben und wusste, dass Gott bei ihm war.

Hoffnung hinter Gefängnismauern
Im Gefängnis war es dunkel und kalt. Josephs Füße wurden in Ketten gelegt. Doch anstatt zu verzweifeln, betete er. Er begann, den anderen Gefangenen zu helfen und zu trösten. „Ich werde auch hier Gott treu bleiben“, nahm er sich vor.

Schon bald bemerkte der Gefängnisaufseher Josephs Zuverlässigkeit. „Ich vertraue dir“, sagte er. „Du sollst die Betreuung der anderen Gefangenen übernehmen.“

Eines Tages hatten zwei Diener des Königs seltsame Träume. Sie erzählten Joseph davon. „Nur Gott kann Träume deuten“, sagte er freundlich. „Aber erzählt mir, was ihr geträumt habt.“ Joseph erklärte ihnen die Bedeutung der Träume, und alles kam genauso, wie er es gesagt hatte.

Ein vergessener Freund
Joseph hatte dem Mundschenk im Gefängnis geholfen und seine Träume gedeutet. Bevor der Mundschenk das Gefängnis verließ, hatte er Joseph versprochen: „Sobald ich beim Pharao bin, werde ich von dir erzählen und dir helfen!“ Josephs Herz wurde leichter. Vielleicht würde er bald freikommen!

Aber Tage vergingen, dann Wochen, Monate – und es geschah nichts. Der Mundschenk hatte ihn vergessen. Joseph wartete und hoffte, doch mit jedem neuen Tag wurde die Enttäuschung größer. Die Gefängnismauern schienen immer dicker und dunkler zu werden. Wie oft dachte Joseph: „Herr, hast du mich auch vergessen?“ Doch er hielt an seinem Glauben fest. Gott hatte ihn bisher nicht verlassen, und er würde weiter darauf vertrauen.

Zwei ganze Jahre vergingen. Und dann geschah etwas Unerwartetes.

Der Pharao hat Träume
In einer Nacht hatte der Pharao zwei seltsame und beunruhigende Träume. Im ersten Traum sah er sieben fette, gesunde Kühe, die friedlich am Nil grasten. Doch plötzlich stiegen sieben magere, hässliche Kühe aus dem Wasser und verschlangen die fetten Kühe. Merkwürdig war, dass die mageren Kühe danach genauso dürr aussahen wie zuvor. Der Pharao erwachte mit einem Schreck.

Er schlief wieder ein und hatte sofort einen zweiten Traum. Dieses Mal sah er sieben dicke Ähren an einem Halm wachsen. Doch plötzlich kamen sieben dürre, vom Wind verbrannte Ähren und verschlangen die dicken Ähren. Wieder erwachte der Pharao und war noch besorgter als zuvor. „Was bedeuten diese Träume?“ fragte er seine Berater und Weisen. Doch niemand konnte ihm eine Antwort geben. Im Palast verbreitete sich Unruhe. Der König war verärgert und verzweifelt.

Da geschah es – der Mundschenk erinnerte sich plötzlich an Joseph! Reue ergriff ihn. „Wie konnte ich ihn nur so lange vergessen?“, dachte er. Sofort eilte er zum Pharao und sagte: „Majestät, ich kenne jemanden, der Träume deuten kann! Im Gefängnis hat ein hebräischer Gefangener meinen und den Traum des Bäckers genau erklärt. Alles, was er sagte, ist genauso eingetroffen.“

Der Wendepunkt
Der Pharao ließ Joseph sofort holen. Die Wächter führten ihn aus der Zelle, und Joseph durfte sich waschen und frische Kleidung anziehen. Sein Herz klopfte schneller. Was würde der mächtige König von ihm verlangen?

Als Joseph vor dem Pharao stand, sagte dieser: „Man sagt, du kannst Träume deuten.“

Joseph hob den Blick und sprach ehrfürchtig: „Nicht ich, sondern Gott wird dir die Antwort geben, Majestät.“

Der Pharao erzählte ihm beide Träume. Joseph hörte aufmerksam zu und antwortete dann: „Die Träume bedeuten das Gleiche. Gott zeigt dir, was kommen wird: Sieben Jahre voller reicher Ernten liegen vor dir. Danach werden sieben Jahre Hungersnot das Land heimsuchen. Der Hunger wird so groß sein, dass niemand sich an die guten Jahre erinnern wird.“

Der Pharao war erschüttert. Doch Joseph sprach weiter: „Aber es gibt einen Weg, das Land zu retten. Du solltest einen klugen Mann einsetzen, der während der reichen Jahre Vorräte sammelt. So wird es genug zu essen geben, wenn die Hungersnot kommt.“

Vom Gefangenen zum Herrscher
Der Pharao war tief beeindruckt. „Du bist weise und gottesfürchtig. Wie könnten wir einen besseren Mann finden als dich?“, sagte er zu seinen Beratern. „Joseph, du sollst mein Stellvertreter sein! Dein Wort wird über ganz Ägypten gelten.“

Joseph erhielt königliche Kleidung, einen Siegelring und eine goldene Kette. „Führt ihn auf meinem zweiten Wagen herum und lasst verkünden: Dies ist der Herrscher des Landes!“ befahl der Pharao. Joseph, der eben noch Gefangener war, wurde zum mächtigsten Mann in Ägypten – unter dem Pharao selbst. Doch trotz all des Ruhms blieb Joseph demütig und vertraute weiterhin auf Gott.

Eine Botschaft für dich
Manchmal warten wir lange auf gute Dinge oder Gerechtigkeit. Joseph zeigt uns, dass Gott immer bei uns ist, auch wenn es nicht sofort sichtbar ist. Hab Geduld und Vertrauen – Gott hat auch für dich einen Plan!

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