Zurück nach Galiläa: Wege, die nach Zuhause riechen
Die Festtage in Jerusalem sind vorüber. Nun lenken die Freunde von Jesus ihre Schritte heimwärts. Ihre Kleider sind schlicht, die Füße staubig, aber ihre Herzen tragen viele Erinnerungen: das Glitzern des Sees, das Rufen der Möwen, das knarrende Holz der Boote und die warme Stimme ihres Meisters. Der Weg führt sie zu Orten, an denen Jesus Wunder tat. Über dem Wasser liegt ein vertrauter Geruch aus Salz, Holz und Seetang. Das Abendlicht legt sich wie Honig auf die Wellen. Hier fühlen sie sich sicher, hier atmen sie tiefer. Und doch ist da eine zarte Schwere: Wie wird die Zukunft ohne Jesu sichtbare Nähe sein?
Die leere Nacht und der volle Morgen
Petrus, der das Schaukeln von Planken und das Singen der Seile liebt, schlägt vor, hinauszufahren. Die anderen nicken. Die Netze sinken in die dunkle Tiefe, die Nacht streicht kühl über die Arme. Plätschern, Ruderschläge, leises Tuscheln über frühere Tage mit Jesus – und immer wieder der prüfende Griff ans Seil. Stunde um Stunde vergeht. Kein Zucken, kein Gewicht, nur Leere. Manchmal ist ein Herz genau so: Es gibt sein Bestes und bleibt doch leer.
Als der Morgen wie ein heller Saum über die Hügel steigt, zeichnet sich am Ufer eine Gestalt ab. Eine freundliche Frage schwebt herüber, so leicht wie Nebel über dem Wasser, und ein kurzer Hinweis, der wie ein guter Tipp klingt. Die Freunde tun, was sie hören. Das Netz schnappt, spannt sich, wird schwer – so schwer, dass die Hände glühen und die Schultern brennen. Fische blitzen wie nasse Silberblätter in der Sonne. In diesem Augenblick wissen sie: So fühlt es sich an, wenn menschliche Mühe sich an Gottes Kraft hängt.
Das Feuer am Strand: Wärme, Brot und Ruhe
Am Strand knistert ein Kohlenfeuer. Der Duft von frischem Fisch mischt sich mit dem Geruch von warmem Brot. Über dem feuchten Sand liegt feiner Rauch wie ein Schal. Die Freunde sind überrascht von der Fürsorge: Jemand hat an alles gedacht. Sie bringen von ihrem Fang dazu; gemeinsam wird es ein reich gedeckter Morgen. Hände teilen, Hände reichen, Herzen werden ruhig. In der Stille merken sie: Die vertraute Gegenwart, die ihnen so gefehlt hat, ist da. Wie schon einmal auf einem grünen Hügel, als aus Wenigem so viel wurde, spüren sie wieder: In Jesu Nähe hat niemand Mangel.
Das Erlebnis am Strand erinnert sie an den Anfang: an den ersten großen Fischzug, an die Einladung, Menschenfischer zu werden. Jetzt, nach den schweren Tagen, erneuert sich dieser Ruf auf sanfte Weise. Es ist, als lege der auferstandene Herr eine Hand auf jede Schulter und sage ohne laute Worte: Der Auftrag bleibt. Ich sorge für euch, während ihr euch um andere sorgt.
Ein Herz wird heil: Petrus und die Liebe, die bleibt
Zwischen Brotkruste und Sonnenfunken geschieht etwas sehr Kostbares. Jesus wendet sich Petrus besonders zu. Nicht mit Vorwürfen, sondern mit Fragen, die wie warme Lichtstrahlen sind. Dreimal bekommt Petrus Gelegenheit, seine Liebe zu zeigen – so oft, wie er in jener dunklen Nacht schwach geworden war. Was einmal zerbrochen war, wird nun in Ruhe zusammengesetzt. Vor den anderen wird sichtbar: Petrus bereut von Herzen, und Jesus vertraut ihm neu.
Der Auftrag ist zart und groß zugleich: Auf die Kleinsten achten, die Lämmer behüten, den Schwachen helfen zu wachsen, die Erwachsenen sicher führen. Geduld, Sanftmut, offene Ohren – das wird Petrus jetzt lernen. Der stürmische Fischer wird zum verständnisvollen Hirten. Seine Begeisterung bleibt, aber sie fließt nun in gute Bahnen, wie ein Bach, der ein dürres Feld bewässert.
„Folge mir“ – für jeden Tag und ohne Vergleiche
Später geht Jesus mit Petrus ein paar Schritte am Ufer entlang. Der nasse Sand federt, die Wellen umspielen die Zehen, Möwen rufen. Jesus öffnet Petrus den Blick für ein Leben voller Hingabe: Heute geführt und gestärkt, später mutig, auch wenn Wege schwer werden. Petrus hört, dass Jesu Ruf nicht nur für große Stunden gilt, sondern für alle kleinen Schritte: hinterhergehen, nicht vorwegstürmen; warten, hören, vertrauen.
Als Petrus sich nach Johannes umschaut und über dessen Weg nachdenkt, lernt er noch etwas Wichtiges: Jeder hat seinen eigenen Auftrag. Was der eine zu tragen hat, wird dem anderen nicht gegeben – und umgekehrt. Es genügt, die Hand Jesu zu halten und den eigenen Schritt zu setzen. Vergleiche machen müde; Nachfolge macht frei.
Sanfte Erklärungen
Diese Erzählung zeigt, was Jesus seinen Freunden nach der Auferstehung schenkt. Er begegnet ihnen dort, wo sie arbeiten, und verbindet ihre Mühe mit seiner Kraft. Er sorgt für das Nötige – sogar für Frühstück am Strand. Er heilt ein schuldiges Herz ohne harte Worte und gibt einen liebevollen Auftrag: auf Lämmer und Schafe achten, die Kleinen und die Großen. So bleibt die Gemeinde warm, behütet und lernend. „Folge mir“ ist keine einmalige Parole, sondern ein täglicher Rhythmus: hören, vertrauen, handeln. Und weil Jesus lebt, bleibt dieser Rhythmus voller Hoffnung.