Ein schlauer Streich – oder doch Wirklichkeit?
Elli war eine Katze mit vielen Talenten – aber ihr liebstes war: Streiche spielen! An diesem Morgen lag sie ausgestreckt auf dem Fensterbrett, als wäre sie der friedlichste Stubentiger der Welt. Die Sonne kitzelte ihre Schnurrhaare, und sie brummelte leise vor sich hin. Doch wer genauer hinsah, entdeckte: Ihre Augen funkelten wieder voller lustiger Einfälle.
Drinnen im Wohnzimmer lagen ihre Geschwister faul herum. Tapsi döste, Milo schnarchte leise, und Flitzi spielte mit einem Wollknäuel. Keiner ahnte, dass Elli schon wieder einen ihrer berühmten Streiche plante.
Lautlos sprang sie vom Fensterbrett, tappte mit weichen Pfoten durch die Küche und zog dabei eine Miene, als hätte sie ein Geheimnis entdeckt. Dann stürmte sie ins Wohnzimmer – mit weit aufgerissenen Augen und dramatischer Stimme: „Eine Maus! Ich hab eine Maus gesehen! Unterm Sofa!“
Milo schoss in die Luft, als hätte ihn ein Floh gebissen. Tapsi stolperte über seinen eigenen Schwanz. Und Flitzi kugelte rückwärts vom Sofa. Schon flitzten alle drei durchs Zimmer – sie schnüffelten, spähten, lugten und hoben jedes Kissen an.
Elli hatte sich unterdessen hinter dem Vorhang zusammengerollt und biss sich auf die Lippen, um nicht laut loszukichern. Hach, war das herrlich!
Doch dann – ganz plötzlich – rief Tapsi: „Da bewegt sich was!“ Und Milo piepste mit großen Augen: „Da! Ich seh’s auch!“
Was, wenn da wirklich eine Maus war?
Elli hielt inne. Plötzlich wurde es ganz still in ihrem Kopf. Ihr Herz pochte schneller – bum-bum, bum-bum – wie eine kleine Trommel. Und in ihren Pfoten kribbelte es, als ob lauter Ameisen darin tanzen würden.
„Was, wenn da wirklich eine Maus war?“, flüsterte sie in Gedanken. Ganz leise. So leise, dass selbst sie selbst es kaum hören konnte. War ihr Scherz etwa gar kein Scherz mehr? Hatte sie aus Versehen die Wahrheit gesagt?
Langsam, ganz langsam schob Elli den Vorhang zur Seite. Ihre Ohren wackelten leicht – wie kleine Antennen auf Empfang. Im Wohnzimmer rannten ihre Geschwister noch immer aufgeregt herum, aber irgendetwas war … seltsam.
Tapsi schnüffelte so wild, als würde er gleich durch den Teppich buddeln. Und Milo? Der warf immer wieder Blicke zu Flitzi – so, als wartete er auf ein geheimes Pfotenzeichen.
„Hmm …“, murmelte Elli leise. „Die verhalten sich doch sonst ganz anders …“
Da rief Flitzi plötzlich mit gespitzten Ohren: „Ich hab was flitzen sehen! Es ist in die Vorratskammer gehuscht!“
Elli machte große Augen. Die Vorratskammer?! Da standen doch ihre allerliebsten Leckereien – von knusprigen Katzenkeksen bis zum geheimen Sahneschälchen ganz hinten im Regal!
„Da darf keine Maus rein!“, fauchte sie entschlossen. Ihre Ohren stellten sich kerzengerade auf, und ohne zu zögern sprang sie los – direkt in Richtung Küche!
Doch kaum bog Elli um die Ecke zur Vorratskammer, machte es plötzlich: schlapp – flutsch – plumps! Ihre Pfoten rutschten weg, als hätte jemand Seife auf den Boden geschmiert! Elli schlidderte einen halben Meter über die Fliesen – und landete mit einem lauten „Autsch!“ auf ihrem Po.
Einen Moment lang lag sie verdattert da, der Schwanz in der Luft und die Ohren leicht zerzaust. Aus dem Wohnzimmer hörte sie verdächtiges Gekicher. Ganz eindeutig: Das war kein Zufall gewesen!
Elli rappelte sich auf, schüttelte sich empört und schnupperte an der glitschigen Stelle. „Pah! Das war doch Absicht!“, knurrte sie und verzog das Gesicht. Ihre Nase zuckte. Noch einmal schnuppern … ja, ganz eindeutig: Sonnenblumenöl!
„Ahaaaa …“, murmelte sie. „Das benutzt sonst nur Tapsi, wenn er mal wieder in der Küche herumtüftelt!“
Sie erinnerte sich genau: Tapsi hatte sich neulich die Pfoten mit Öl eingeschmiert, damit er heimlich in Papas geheimen Süßigkeitenschrank langen konnte – ohne Kratzspuren zu hinterlassen!
„Na wartet nur …“, murmelte Elli mit einem schiefen Grinsen. In ihrem Kopf hüpften schon die nächsten Streiche wie Flöhe auf einem Trampolin. Ihr Herz klopfte wie wild – sie war bereit für Runde zwei!
Ihre Augen blitzten wie zwei Taschenlampen im Nachtmodus: hell, neugierig und voller Unsinn. Gerade wollte sie zurück ins Wohnzimmer flitzen – da bremste sie plötzlich ein großes Etwas mit voller Wucht aus.
RUMMS!
Ein ganzer Turm aus leeren Pappschachteln krachte krachend über ihr zusammen! Kartons flogen durch die Luft, Deckel segelten wie Papierhüte, und mitten im Chaos steckte Elli – mit einem Ohr aus der einen und dem Schwanz aus der anderen Kiste ragend.
„Mäuuuuusealarm!“, rief Milo theatralisch von hinten, als wäre er der Ansager auf einer Bühne. „Sie hat sie fast erwischt!“
Elli blinzelte zwischen den Pappkartons hervor. Jetzt war’s klar wie Katzenmilch: Das war eine Falle gewesen! Und zwar eine richtig gut gemachte!
Doch anstatt zu fauchen oder beleidigt zu sein, platzte sie plötzlich los – in lautes, prustendes Gelächter. Ihre Geschwister hatten ihr tatsächlich einen Streich zurückgespielt!
„Nicht schlecht, ihr Flauschnasen“, murmelte sie kichernd. „Aber das Spiel ist noch nicht vorbei … das verspreche ich euch!“
Elli robbte unter den Kartons hervor wie ein zerzauster Wischmopp auf vier Pfoten. Sie schüttelte sich kräftig – Staub wirbelte um sie herum wie Konfetti. Dann tappte sie mit schmalen Augen und gespitzten Ohren zurück ins Wohnzimmer. Dieses Mal ganz leise. Ganz vorsichtig. So wie ein echter Meisterdetektiv auf Samtpfoten.
Doch was sah sie da? Ihre Geschwister saßen seelenruhig auf dem Sofa – die Pfoten gefaltet, die Schwänze ordentlich aufgerollt. Als wäre nie etwas gewesen.
„Was denn, Elli?“, fragte Tapsi mit einem Unschuldsblick, der fast schon zu perfekt war. „Gab’s Probleme in der Vorratskammer?“
„Oder war da etwa … gar nichts?“, flötete Flitzi zuckersüß – so süß, dass man fast Zahnschmerzen bekam.
Elli schob die Augenbraue hoch und zeigte mit der Pfote unter den alten Sessel. „Seht doch schnell – unter den Sessel!“
Da war doch gerade etwas gehuscht! Oder? Ihr Herz klopfte wie wild, und ein Kribbeln zog durch ihre Pfoten. Hatte sie etwa wirklich etwas gesehen?
Doch ihre Geschwister blieben völlig entspannt. „Da ist nichts“, meinte Tapsi und gähnte. „Vielleicht war’s ein Staubflöckchen auf Reisen?“, kicherte Milo.
Elli beugte sich näher heran, lugte unter den Sessel – aber da lag nur ein altes Spielzeug und ein bisschen Staub, der in der Luft tanzte. Und doch … irgendetwas ließ sie nicht los. Da war etwas. Ganz sicher.
Der große Auftritt
Plötzlich – flupp! – fiel etwas Kleines vom Regal. Etwas Winziges. Etwas Graues. Etwas mit Pfoten, die schneller flitzten als der Wind!
Eine echte, lebendige Maus sauste über den Boden, zischte zwischen den Stühlen hindurch und wirbelte Staub auf wie ein kleiner Wirbelwind auf vier Beinen.
Alle vier Katzen starrten wie angewurzelt. Einen Herzschlag lang war es mucksmäuschenstill.
Und dann – zack! – brach das große Durcheinander aus.
„Da! Jetzt aber wirklich!“, quietschte Flitzi. „Sie ist unter den Teppich!“, kreischte Tapsi. „Ich schnapp sie mir!“, rief Elli – und schon stürzten alle los. Wie ein wilder Fellsturm tobten sie durch das Zimmer.
Es ging drunter und drüber – mit Miauen, Poltern, Stolpern und einem lauten Platsch, als Flitzi rückwärts in die Schüssel mit Trockenfutter plumpste. Tapsi sprang erschrocken zur Seite, rutschte auf einem Hausschuh aus und landete mitten im Wäschekorb. Milo verfing sich in einem Vorhang und wickelte sich ein wie ein Rollbraten. Und Elli? Die jagte der Maus hinterher, die sich blitzschnell unter Stühlen hindurch und um Ecken herum wand – bis sie plötzlich auf dem Fensterbrett saß.
Dort drehte sie sich langsam um – mit einem winzigen Keks im Mäulchen, wie ein Schauspielstar in der letzten Szene. Einen Moment lang saß sie still, mitten im Lichtstreifen der Sonne, als hätte sie auf ihren großen Auftritt gewartet. Alle vier Katzen hielten den Atem an – alle Augen waren auf sie gerichtet. Mit einem frechen Funkeln in den Augen warf sie ihnen einen Blick zu, der ganz eindeutig sagte: „Bis zum nächsten Mal!“ Dann drehte sie sich elegant und verschwand durchs offene Fenster – als hätte sich der Vorhang eines Theaterspiels geschlossen.
Die vier Katzen starrten zum Fenster, als würde die Maus gleich noch einmal zurückkommen – für eine große Zugabe. Einen Moment lang war es mucksmäuschenstill.
Dann brach das große Gelächter aus. Pfoten flogen durch die Luft, Schwänze wedelten wild, und alle kugelten kreuz und quer durchs Wohnzimmer – ein zerzauster, kichernder, maunzender Haufen.
„Also diesmal war’s wirklich eine Maus!“, japste Elli und wischte sich eine Lachträne aus dem Auge.
„Und diesmal warst nicht nur du die Trickserin!“, kicherte Flitzi. „Wir haben dich auch ganz schön aufs Glatteis geführt!“
„Jeder hat jeden reingelegt“, grinste Milo und schüttelte die letzten Krümel Trockenfutter aus dem Fell.
„Und am Ende kam die echte Hauptdarstellerin!“, quietschte Tapsi.
„Mutig war sie auch noch – mitten durch uns durch, und dann auch noch mit Beute!“, staunte Flitzi.
„Fast wie ein richtiges Theaterstück“, murmelte Milo. „Mit uns als Schauspieler … und der Maus als Star!“
Elli setzte sich feierlich in die Mitte, ihre Pfote noch voller Krümel. Mit einem breiten Grinsen sagte sie: „Bis zum nächsten Mal … im großen Mäuse-Theater!“ Und schon mussten alle wieder losprusten vor Lachen.