Stell dir vor, die Sonne brennt so heiß auf dich herab, dass selbst der Schatten keine Abkühlung bringt. Dein Rücken tut weh, weil du den ganzen Tag schwere Steine tragen musstest, und deine Hände sind aufgerieben und schmerzen vom ständigen Kneten des harten Lehms. Genau so fühlten sich die Israeliten in Ägypten – aber für sie war es nicht nur ein einzelner, harter Tag. Es war ihr Alltag.
Von überall her drangen die scharfen Rufe der Aufseher: „Schneller! Keine Pausen!“ Die Peitschen knallten in der Luft, und wer nicht gehorchte, wurde ohne Erbarmen bestraft. Viele Menschen waren so erschöpft, dass sie kaum noch stehen konnten. Doch die Arbeit hörte nie auf. Sie mussten Ziegel formen, Wände bauen und große Lasten tragen – immer unter den drohenden Blicken der ägyptischen Aufseher.
Doch es war nicht immer so gewesen. Es hatte eine Zeit gegeben, da lebten die Israeliten in Frieden und Wohlstand. Ein Mann namens Josef hatte einst dem Land Ägypten das Leben gerettet. Durch Gottes Hilfe konnte Josef den König davor warnen, dass eine schwere Hungersnot bevorstand. Sieben Jahre lang hatte er Vorräte sammeln lassen, und als die Notzeit kam, hatte Ägypten genug, während andere Völker hungerten.
„Josef und sein Gott haben uns geholfen!“, hatte der damalige König ausgerufen und ihm und seiner Familie das Land Goschen als Heimat gegeben. Die Israeliten lebten dort in Frieden und vermehrten sich.
Doch die Jahre vergingen, und eines Tages kam ein neuer König an die Macht. Dieser König wusste von Josef und seinen Taten, aber er wollte nichts davon hören. „Warum sollten wir den Hebräern weiterhin Vertrauen schenken?“, sagte er misstrauisch. „Sie sind zu viele! Wenn ein Krieg ausbricht, könnten sie sich mit unseren Feinden verbünden!“ So begann die schwere Zeit für das Volk Israel. Der Pharao machte sie zu Sklaven und hoffte, sie durch harte Arbeit schwächen zu können. Doch je mehr sie litten, desto stärker wurden sie.
Nachts, wenn alles still war, hörten einige Kinder ihre Eltern beten: „Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, wann wirst du uns retten?“
Der grausame Plan des Pharaos
Der Pharao, ein mächtiger und unbarmherziger Mann, fasste einen schrecklichen Plan. „Diese Hebräer werden immer zahlreicher!“, schnaubte er wütend. „Wenn das so weitergeht, können wir sie nicht mehr kontrollieren. Wir müssen etwas tun!“ Seine Berater nickten zustimmend. Sie alle hatten Angst, dass die Israeliten eines Tages gegen sie aufstehen könnten.
„Tötet alle neugeborenen Söhne der Hebräer!“, befahl der Pharao schließlich. Die Israeliten waren entsetzt. Mütter hielten ihre Babys fest und weinten vor Angst. Wie sollte man in einer so grausamen Welt noch Hoffnung haben? Doch Gott ließ sich nicht aufhalten. Er hatte bereits einen Plan, der größer war als die Bosheit des Pharaos.
In dieser dunklen Zeit wurde ein kleiner Junge geboren – Mose. Seine Mutter Jochebed spürte sofort, dass ihr Sohn etwas Besonderes war. „Gott hat einen Plan mit dir“, flüsterte sie ihm liebevoll zu, während sie ihn sanft wiegte. Doch in ihrem Herzen fühlte sie auch große Angst. Jeden Tag schlich sie ängstlich zum Fenster, lauschte auf Schritte und befürchtete, dass jemand ihr Geheimnis entdecken könnte.
Die Monate vergingen, und eines Tages wusste Jochebed, dass sie ihren Sohn nicht länger verstecken konnte. Mit schweren Tränen bereitete sie ein kleines Körbchen aus Schilfrohr vor. Sie schmierte es sorgfältig mit Pech ein, damit kein Wasser eindringen konnte. Dann legte sie Mose vorsichtig hinein und zog ihm eine warme Decke über.
„Gott, bitte beschütze ihn“, flehte sie leise, während sie das Körbchen in das Schilf am Ufer des Nils setzte. Das Wasser gluckste sanft, und die Mutter sah dem Körbchen nach, bis es zwischen den hohen Pflanzen verschwand. Ihre Hände zitterten, doch sie wusste: Sie musste jetzt auf Gottes Schutz vertrauen.
Die Rettung des kleinen Mose
Mirjam, Moses Schwester, versuchte, ruhig zu bleiben. Sie wusste, dass ihre Mutter auf Gott vertraute, aber ihr eigenes Herz klopfte wie verrückt. „Was, wenn jemand das Körbchen findet und Mose etwas antut?“, dachte sie. Sie schlich vorsichtig durch die hohen Gräser und beobachtete das Wasser.
Plötzlich hörte sie Stimmen! Es war Pharaos Tochter, begleitet von ihren Dienerinnen. „Oh nein!“, dachte Mirjam panisch. Sie duckte sich und wagte kaum zu atmen. Die Prinzessin entdeckte das Körbchen und rief erstaunt: „Seht mal, was ist das?“ Neugierig beugte sie sich vor. Als sie den kleinen Mose sah, fing er an zu weinen. Das Weinen klang so traurig, dass es direkt in ihr Herz drang. „Der arme kleine Kerl“, flüsterte sie. „Ich werde ihn beschützen.“
Mirjam sah ihre Chance. Mit klopfendem Herzen trat sie aus dem Versteck. „Verzeihung, Hoheit“, sagte sie höflich. „Soll ich vielleicht eine hebräische Frau holen, die das Baby stillen kann?“ Die Prinzessin nickte lächelnd. „Ja, tu das.“
Mirjam rannte so schnell, dass ihr die Füße wehtaten. „Mama! Mose ist gerettet!“, rief sie außer Atem. Gemeinsam kehrten sie zum Fluss zurück. Die Prinzessin übergab Jochebed das Kind und sagte: „Kümmere dich gut um ihn. Ich werde dich dafür belohnen.“
Jochebed dankte Gott in ihrem Herzen. Sie wusste, dass dies ein Wunder war.
Ein besonderer Junge
Die nächsten Jahre waren für Jochebed kostbar. Jeden Morgen wachte sie mit einem Gebet auf: „Herr, hilf mir, Mose gut zu erziehen.“ Sie erzählte ihm Geschichten über ihre Vorfahren: Abraham, der Gott vertraute, obwohl er nicht wusste, wohin er ziehen sollte. Isaak, der die Verheißungen weitertrug. Und Jakob, der mit Gott kämpfte und seinen Segen empfing.
Mose liebte diese Geschichten. „Ist unser Gott wirklich stärker als alle ägyptischen Götter?“, fragte er neugierig. Seine Mutter lächelte. „Ja, mein Sohn. Er ist der Schöpfer von allem, was du siehst – der Himmel, die Sterne, sogar der Nil. Vergiss das niemals.“
Als der Tag des Abschieds kam, war es schwer für beide. Jochebed umarmte Mose fest. „Bleib Gott treu, egal was passiert“, flüsterte sie. Mose versprach es ihr und trat seinen Weg in die prächtigen Hallen des Pharao an.
Ein Prinz mit einer schweren Entscheidung
Im Palast lebte Mose wie ein Prinz. Diener brachten ihm köstliche Speisen, und seine Lehrer unterrichteten ihn in allen Wissenschaften Ägyptens. Doch manchmal fühlte sich Mose einsam. Die Worte seiner Mutter hallten in seinem Herzen wider. Er sah die riesigen Tempel und die Statuen der Götter und wusste, dass sie nur aus Stein und Gold waren – ohne Leben.
„Wie können die Ägypter an solche Dinge glauben?“, fragte er sich oft. Sein wahres Volk jedoch litt. Er hörte von den schweren Arbeiten und der Unterdrückung. Eines Tages sah er selbst, wie ein Aufseher einen Israeliten schlug. Die Wut in ihm kochte über. „Genug!“, schrie er und stürzte sich auf den Mann. Im Zorn schlug er den Ägypter nieder.
Doch jetzt geriet Mose in Schwierigkeiten. Statt ihn als Helden zu sehen, machten die Leute aus seinem Volk ihm Vorwürfe. „Wer hat dich zum Richter über uns gemacht?“, riefen sie spöttisch. Mose spürte, dass er in großer Gefahr war. Als der Pharao von der Sache erfuhr und beschloss, ihn töten zu lassen, blieb Mose nur eine Wahl: Er musste fliehen – weit weg in die Wüste.
Ein neuer Anfang in der Wüste
Die heiße Wüstensonne brannte erbarmungslos, während Mose durch die endlosen Sanddünen wanderte. Sein Körper war müde, und seine Gedanken wirbelten durcheinander. „Was wird jetzt aus mir? Habe ich alles falsch gemacht?“, fragte er sich. Doch Gott ließ ihn nicht im Stich. Nach vielen Tagen kam Mose zu einem Brunnen in der Nähe von Midian.
Dort sah er eine Gruppe junger Frauen, die versuchten, ihre Schafe zu tränken. Doch andere Hirten bedrängten sie und wollten sie vertreiben. Mose beobachtete die Szene und spürte, wie seine alte Entschlossenheit zurückkehrte. „Das ist nicht recht!“, rief er und schritt ein. Die Hirten zogen sich überrascht zurück. Dankbar brachten die Frauen ihre Tiere zum Wasser. Eine von ihnen, Zippora, lächelte Mose an. „Danke für deine Hilfe. Komm mit zu unserem Vater Jethro. Er wird dir bestimmt etwas zu essen geben.“
Jethro, ein weiser und gottesfürchtiger Mann, nahm Mose freundlich auf. Nach einiger Zeit heiratete Mose Zippora und begann ein einfaches Leben als Hirte. Jeden Tag führte er die Schafe durch die kargen Berge und dachte über sein Leben nach. Die Einsamkeit der Wüste war hart, aber sie schenkte ihm auch Ruhe und Zeit, um zu beten.
Das Wunder am Berg Horeb
Eines Tages, als Mose die Schafe am Berg Horeb weidete, geschah etwas Ungewöhnliches. In der Ferne sah er einen Busch, der in Flammen stand. Doch das Feuer verbrannte die Zweige und Blätter nicht. Mose rieb sich die Augen. „Was ist das nur?“, murmelte er. Neugierig näherte er sich.
Plötzlich erklang eine Stimme aus dem Feuer: „Mose, Mose!“ Vor Schreck blieb Mose wie angewurzelt stehen. „Hier bin ich!“, antwortete er zögernd.
„Tritt nicht näher heran“, sagte die Stimme. „Zieh deine Schuhe aus, denn der Ort, auf dem du stehst, ist heiliges Land.“ Mose gehorchte und verhüllte ehrfürchtig sein Gesicht. Die Stimme sprach weiter: „Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Ich habe das Leid meines Volkes in Ägypten gesehen und ihr Wehklagen gehört. Jetzt werde ich sie befreien – und ich sende dich, Mose!“
Mose wurde blass. Er fühlte sich plötzlich klein und unfähig. „Wie soll ich das schaffen? Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehen und die Israeliten befreien könnte?“, fragte er voller Zweifel.
Doch Gott antwortete sanft, aber bestimmt: „Ich werde mit dir sein. Du wirst mein Volk aus Ägypten führen, und hier an diesem Berg werdet ihr mir dienen.“
Moses Zweifel und Gottes Zeichen
Mose schluckte und rang mit seinen Gedanken. „Aber... aber was, wenn sie mir nicht glauben?“, stotterte er. „Was, wenn sie sagen: ‚Gott ist dir nicht erschienen‘?“
Gott antwortete ihm mit einem Zeichen. „Wirf deinen Stab auf den Boden.“ Mose tat es, und augenblicklich verwandelte sich der Stab in eine sich windende Schlange. Er sprang erschrocken zurück. „Greif sie am Schwanz!“, befahl Gott. Zögernd griff Mose zu, und die Schlange wurde wieder zum Stab.
„Mit solchen Zeichen wirst du überzeugen“, erklärte Gott. Doch Mose war immer noch unsicher. „Ich habe Schwierigkeiten beim Reden. Ich bin kein guter Sprecher“, gestand er leise.
Gott versprach ihm Hilfe: „Dein Bruder Aaron wird dein Sprecher sein. Ich werde mit dir und ihm sein und euch sagen, was ihr sprechen sollt.“
Nun wusste Mose, dass er keine weiteren Ausreden finden konnte. „Ich werde gehen“, sagte er schließlich. Mit einer tiefen Verbeugung verabschiedete er sich von dem heiligen Ort.
Das Wiedersehen mit Aaron
Nachdem Mose den heiligen Berg Horeb verlassen hatte, führte sein Weg durch die heiße, flimmernde Wüste. Die Gedanken an seine Aufgabe lasteten schwer auf ihm, doch er spürte auch eine neue Stärke in seinem Herzen. Gott hatte ihn berufen, und Er hatte versprochen, stets an seiner Seite zu sein.
Nicht weit vom Horeb entfernt, begegnete Mose einer vertrauten Gestalt. Von weitem erkannte er die Schritte seines älteren Bruders Aaron. Mit ausgebreiteten Armen lief Aaron ihm entgegen. „Mose! Endlich! Der Herr hat mir aufgetragen, dir zu begegnen. Er hat mich hierher geführt, um an deiner Seite zu stehen.“
Die beiden Brüder umarmten sich herzlich. Es war ein Augenblick voller Freude und Erleichterung – nach all den Jahren der Trennung fanden sie einander wieder, vereint durch Gottes Auftrag. Gemeinsam suchten sie einen schattigen Platz, um miteinander zu sprechen.
„Der Herr hat mir Zeichen gegeben, die dem Pharao zeigen sollen, dass Er uns gesandt hat“, erklärte Mose und zeigte Aaron seinen Stab. „Dieser Stab kann sich in eine Schlange verwandeln. Auch hat Gott gesagt, dass du mein Sprecher sein wirst.“
Aaron nickte ernst. „Wir werden dem Pharao gegenübertreten, Mose. Doch Gott wird für uns kämpfen.“
Mit neuer Entschlossenheit machten sich die beiden Brüder auf den Weg nach Ägypten. Vor ihnen lag eine Aufgabe, die ihre Vorstellungskraft überstieg. Aber sie wussten: Gott selbst führte sie.
Die Rückkehr nach Ägypten
Mose und Aaron durchquerten die trockene Wüste, bis sie schließlich das Land Goschen erreichten, wo viele Israeliten lebten. Ihre Ankunft sorgte für großes Aufsehen. Die Ältesten des Volkes versammelten sich, um die beiden Männer zu begrüßen. Alle hatten Fragen: „Was führt euch hierher? Was hat Gott euch offenbart? Gibt es Hoffnung für uns?“
Aaron trat vor und sprach mit fester Stimme: „Der Herr, der Gott eurer Vorfahren, hat Mose gesandt. Er hat das Elend seines Volkes gesehen und wird euch befreien. Mose wird den Pharao auffordern, euch ziehen zu lassen!“
Ein Raunen ging durch die Menge. Die meisten konnten es kaum glauben. War das möglich? Nach so vielen Jahren der Unterdrückung? Mose aber erhob seinen Stab und ließ das erste Zeichen Gottes sehen. Vor den Augen des Volkes verwandelte sich der Stab in eine lebendige Schlange. Die Menschen hielten den Atem an. Dann streckte Mose seine Hand aus, und die Schlange wurde wieder zum Stab.
„Dies sind die Zeichen, die der Herr uns gegeben hat“, erklärte Aaron weiter. „Gott wird große Wunder tun, damit der Pharao uns ziehen lassen muss.“
Das Volk fiel auf die Knie. Einige weinten vor Erleichterung, andere beteten laut: „Gepriesen sei der Herr, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs! Er hat uns nicht vergessen!“ Die Hoffnung, die lange Zeit erloschen war, flammte erneut auf.
Von diesem Moment an wusste das Volk: Etwas Großes würde geschehen. Doch die Gefahr war noch nicht vorüber. Mose und Aaron mussten nun zum Pharao – und sie ahnten, dass dieser sich nicht so leicht beugen würde.
Der erste Besuch beim Pharao
Am nächsten Morgen betraten Mose und Aaron den prächtigen Palast des Pharao. Überall glänzten goldene Säulen, und die Wände waren mit Bildern ägyptischer Götter verziert. Diener und Soldaten standen starr wie Statuen, während die beiden Brüder durch die große Halle schritten. Schließlich standen sie vor dem Thron des mächtigen Herrschers.
Der Pharao musterte Mose und Aaron mit einem kalten Blick. „Wer seid ihr, dass ihr wagt, hier vor mich zu treten?“ fragte er streng.
Aaron trat vor und sprach mit klarer Stimme: „So spricht der Herr, der Gott Israels: Lass mein Volk ziehen, damit es in der Wüste ein Fest für mich feiern kann.“
Pharao hob spöttisch eine Augenbraue. „Wer ist dieser ‚Herr‘, dass ich ihm gehorchen sollte?“ höhnte er. „Ich kenne keinen Gott der Hebräer und werde euer Volk nicht ziehen lassen. Ihr seid nur Sklaven. Zurück an eure Arbeit!“
Aaron versuchte es erneut: „Der Gott unserer Vorfahren hat uns befohlen, drei Tagesreisen weit in die Wüste zu gehen und ihm zu opfern. Wenn du uns nicht lässt, wird er unser Volk mit Pest oder Schwert strafen.“
Pharao lachte höhnisch. „Ihr seid faul! Ihr wollt das Volk von seiner Arbeit abhalten. Ich werde euch zeigen, was es heißt, dem Pharao zu trotzen!“ Er rief seine Berater herbei und erteilte scharfe Befehle. „Lasst die Israeliten härter arbeiten! Gebt ihnen kein Stroh mehr für die Ziegelherstellung, aber verlangt die gleiche Menge Ziegel wie zuvor! Sie werden so beschäftigt sein, dass sie keine Zeit für rebellische Pläne haben.“
Mose und Aaron wurden aus dem Palast geführt. Ihnen war klar, dass dies erst der Anfang eines harten Kampfes war. Der Pharao war stolz und unnachgiebig, doch Gott hatte versprochen, dass seine Macht offenbart werden würde.
Die Verschärfung der Arbeit und der Zorn des Volkes
Kaum waren Mose und Aaron aus dem Palast verschwunden, verbreitete sich der neue Befehl des Pharaos wie ein Lauffeuer unter den israelitischen Arbeitern. „Kein Stroh mehr?“ riefen die Aufseher entsetzt. „Wie sollen wir da unsere tägliche Ziegelmenge schaffen?“
Die Ägypter, die bisher das Stroh geliefert hatten, zogen sich zurück und beobachteten hämisch, wie die Hebräer verzweifelt über die Felder liefen, um Reste von Strohhalmen und Stoppeln zu sammeln. Doch die Arbeit wurde dadurch nur noch härter und langsamer. Die Ziegelproduktion brach ein.
„Beeilt euch! Los, schneller! Ihr arbeitet zu langsam!“ brüllten die ägyptischen Aufseher. Peitschen knallten durch die Luft, und die hebräischen Vorarbeiter wurden grausam geschlagen, wenn die geforderten Mengen nicht erreicht wurden.
Die Schmerzen und das Unrecht brachten die israelitischen Arbeiter zur Verzweiflung. Schließlich beschlossen einige ihrer Vorsteher, beim Pharao selbst um Gnade zu bitten. Mit gesenkten Köpfen standen sie vor ihm und sagten: „Warum behandelst du uns so grausam, Pharao? Wir bekommen kein Stroh mehr, aber du verlangst die gleiche Anzahl Ziegel. Es ist unmöglich!“
Pharao sah sie mit kalten Augen an. „Ihr seid faul, faul seid ihr! Darum kommt ihr zu mir und bittet, in die Wüste zu ziehen und eurem Gott zu opfern. Zurück an die Arbeit! Ich werde euch nicht entlasten.“
Niedergeschlagen verließen die Vorsteher den Palast. Ihr letzter Hoffnungsschimmer war erloschen. Draußen trafen sie auf Mose und Aaron und ließen ihren Frust an ihnen aus: „Was habt ihr getan? Ihr habt uns beim Pharao in Verruf gebracht! Jetzt sind die Ägypter noch grausamer zu uns als vorher. Der Herr soll euch dafür richten!“
Mose spürte, wie die Last des Vorwurfs schwer auf ihm lastete. Er hatte gehofft, dass die Befreiung seines Volkes schneller und leichter geschehen würde. Die Leiden der Israeliten hatten sich jedoch nur verschärft. Tief betrübt wandte er sich im Gebet an Gott und klagte: „Herr, warum lässt du das alles geschehen? Warum hast du mich überhaupt gesandt? Seit ich mit dem Pharao gesprochen habe, geht es dem Volk nur schlechter, und du hast sie noch nicht befreit.“
Doch Gott antwortete ihm ruhig und mit Nachdruck: „Jetzt wirst du sehen, was ich dem Pharao antun werde. Er wird sie nicht nur ziehen lassen – er wird sie sogar aus seinem Land treiben.“
Gottes Zusicherung und der erneute Auftrag
Mose fühlte sich nach dem Gebet zwar getröstet, doch die Zweifel und die Anspannung des Volkes lasteten weiterhin auf seinen Schultern. Doch Gott sprach erneut zu ihm, diesmal mit einer klaren und machtvollen Botschaft: „Ich bin der Herr! Ich habe mich Abraham, Isaak und Jakob offenbart. Ich habe meinen Bund mit ihnen geschlossen, das Land Kanaan ihren Nachkommen zu geben. Nun habe ich das Leiden meines Volkes gehört, und die Zeit ihrer Befreiung ist gekommen.“
Gott gab Mose die Worte, die er dem Volk überbringen sollte: „Ich, der Herr, werde euch aus der Knechtschaft Ägyptens befreien. Ich werde euch mit mächtiger Hand erlösen und euch zu meinem Volk machen. Ihr sollt erkennen, dass ich euer Gott bin, der euch aus der Unterdrückung führt. Ich werde euch in das Land bringen, das ich euren Vorfahren versprochen habe.“
Mit neuer Hoffnung ging Mose zurück zu den Israeliten, um ihnen die Worte Gottes zu überbringen. Doch die harte Arbeit und der tägliche Druck hatten ihre Herzen erschöpft. Sie hörten Mose kaum zu. Der Schmerz und die Enttäuschung waren zu groß.
Tief erschüttert fragte Mose Gott: „Herr, wenn dein eigenes Volk nicht auf mich hört, wie soll dann der Pharao mir Glauben schenken?“
Gott antwortete ihm mit Geduld: „Geh trotzdem zum Pharao. Nimm Aaron mit dir. Ich werde mit euch sein und mächtige Zeichen und Wunder durch euch vollbringen. Der Pharao wird sein Herz verhärten, doch ich werde meine Macht zeigen, damit alle erkennen, dass ich der Herr bin.“
Das erste Zeichen vor dem Pharao
Mit diesen Worten Gottes im Herzen traten Mose und Aaron erneut vor den Pharao. Diesmal waren sie entschlossen, das erste Zeichen auszuführen, das Gott ihnen befohlen hatte. Der Pharao saß hoch auf seinem Thron, umgeben von Beratern und Hofleuten. Mit kaltem Blick fragte er: „Was wollt ihr jetzt schon wieder?“
Aaron trat vor und verkündete: „So spricht der Herr, der Gott Israels: Lass mein Volk ziehen!“
Pharao lehnte sich zurück und schnaubte verächtlich. „Beweist mir, dass euer Gott wirklich mächtig ist.“
Aaron nahm den Stab in die Hand und warf ihn vor den Thron des Pharaos zu Boden. Der Stab verwandelte sich in eine riesige Schlange, die sich zischend wand und ihre Zunge blitzen ließ. Die Höflinge und Berater wichen erschrocken zurück.
Doch Pharao blieb unbeeindruckt und winkte seine Zauberer herbei. Auch sie warfen ihre Stäbe zu Boden, die sich ebenfalls in Schlangen verwandelten. Ein triumphierendes Lächeln breitete sich auf Pharaos Gesicht aus. „Seht ihr? Euer Gott hat keine größere Macht als meine Magier!“
Doch dann geschah etwas Unerwartetes: Aarons Schlange glitt blitzschnell vor und verschlang eine nach der anderen die Schlangen der Zauberer. Die Gesichter der ägyptischen Magier erstarrten, und ein unruhiges Flüstern ging durch den Thronsaal. Trotzdem verhärtete der Pharao sein Herz erneut und befahl: „Geht! Ich werde Israel nicht ziehen lassen!“
Die erste Plage: Das Wasser wird zu Blut
Gott sprach zu Mose: „Der Pharao wird nicht auf dich hören. Geh morgen früh zum Nil, wo der König seine tägliche Zeremonie abhält. Dort wirst du ihm erneut meine Botschaft überbringen. Lass Aaron seinen Stab nehmen und das Wasser des Flusses berühren.“
Am nächsten Morgen standen Mose und Aaron am Ufer des Nils. Der Pharao, begleitet von seinen Dienern und Priestern, näherte sich mit hoch erhobenem Haupt. Mose trat mutig vor und rief: „So spricht der Herr, der Gott Israels: Lass mein Volk ziehen, damit es mir in der Wüste dienen kann. Wenn du dich weiterhin weigerst, werde ich das Wasser des Nils in Blut verwandeln.“
Pharao lachte höhnisch. „Und wenn ich mich weigere? Glaubt ihr wirklich, euer Gott kann unseren heiligen Nil entweihen?“
Aaron hob seinen Stab und berührte das Wasser. Augenblicklich begann sich der Fluss rot zu färben. Das Wasser verwandelte sich zu echtem Blut, und ein übler Gestank breitete sich aus. Die Fische starben und trieben leblos an die Oberfläche. Überall stiegen Schreie des Entsetzens auf. Menschen rannten ans Ufer, doch sie fanden kein Trinkwasser mehr – sogar das Wasser in Krügen und Brunnen war zu Blut geworden.
Pharao beobachtete alles mit gerunzelter Stirn. Doch als seine Zauberer auch Wasser in Blut verwandeln konnten, lehnte er sich zufrieden zurück. „Nichts als ein Trick,“ sagte er abfällig. „Euer Gott hat keine größere Macht als meine Magier.“ Er kehrte dem Schauspiel den Rücken zu und ging zurück in seinen Palast.
Sieben Tage lang blieb das Wasser in ganz Ägypten blutrot. Das Volk begann unter großem Durst zu leiden. Doch Pharaos Herz blieb hart.
Die zweite Plage: Frösche überall
Nach einer Woche sprach Gott zu Mose: „Geh erneut zum Pharao und sage ihm, dass ich eine neue Plage senden werde, wenn er sich nicht fügt. Das Land wird von Fröschen überflutet.“
Mose und Aaron traten wieder vor den Pharao. Mose erklärte die Warnung des Herrn, doch der Pharao lachte nur. „Frösche? Das soll eine Plage sein?“
Aaron streckte seinen Stab über die Gewässer Ägyptens. Plötzlich quakten überall Frösche. Sie sprangen aus dem Nil, krabbelten über die Ufer und verbreiteten sich in Windeseile über das ganze Land. Bald waren sie überall – in Häusern, Palästen, Betten, Backöfen und sogar in den Essenstöpfen. Der ohrenbetäubende Lärm und der unerträgliche Gestank machten die Menschen wahnsinnig.
Pharao wurde schließlich ungeduldig. Er ließ Mose rufen und sprach: „Bittet euren Gott, dass er die Frösche fortnimmt. Dann will ich euer Volk ziehen lassen!“
„Nenne eine Zeit, und ich werde den Herrn bitten,“ erwiderte Mose.
„Morgen,“ sagte Pharao in der Hoffnung, die Frösche würden vielleicht von selbst verschwinden. Doch die Frösche blieben bis zur bestimmten Stunde. Dann starben sie plötzlich alle. Die Ägypter sammelten die verendeten Tiere zu großen Haufen, und ein widerlicher Gestank erfüllte das Land.
Doch kaum hatte Pharao wieder Ruhe, verhärtete er sein Herz abermals. Er brach sein Versprechen und verweigerte dem Volk die Freiheit.
Die dritte Plage: Stechmücken aus dem Staub
Gott sprach zu Mose: „Pharao weigert sich immer noch, mein Volk ziehen zu lassen. Streckt euren Stab über den Staub des Landes, und er wird sich in Stechmücken verwandeln.“
Mose und Aaron gehorchten. Aaron erhob seinen Stab und schlug damit auf den Boden. Der feine Staub begann sich zu bewegen, und plötzlich schwirrten unzählige Stechmücken durch die Luft. Sie bedeckten Menschen und Tiere gleichermaßen. Ihr Stich war schmerzhaft und brachte die Ägypter zur Verzweiflung.
Überall hörte man das Klatschen und Fluchen der Menschen, die versuchten, sich gegen die kleinen Plagegeister zu wehren. Doch es war sinnlos. Die Mücken waren überall – in Kleidern, Haaren und selbst in den Wohnungen der Ägypter.
Pharao rief wieder seine Zauberer herbei und befahl ihnen, dasselbe zu tun. Doch dieses Mal waren sie machtlos. Sie versuchten vergeblich, die Wunder Gottes nachzuahmen. Schließlich mussten sie einsehen, dass sie gegen die Macht des Herrn keine Chance hatten. Sie traten vor Pharao und sprachen: „Das ist Gottes Finger!“
Doch Pharao wollte es nicht wahrhaben. Er verschloss sein Herz erneut und ignorierte die Qualen seines Volkes.
Die vierte Plage: Stechfliegen über das Land
Einige Tage später gab Gott Mose erneut eine Anweisung: „Geh zum Pharao und fordere ihn auf, mein Volk ziehen zu lassen. Wenn er es wieder ablehnt, werde ich eine Plage von Stechfliegen über das Land bringen. Aber in Gosen, wo mein Volk lebt, wird es keine einzige Fliege geben, damit du erkennst, dass ich der Herr bin.“
Mose und Aaron standen vor dem Pharao und sprachen die Worte des Herrn. Doch der König blieb stur. Da streckte Mose seine Hand aus, und im nächsten Moment erfüllte ein ohrenbetäubendes Summen die Luft. Ein riesiger Schwarm Stechfliegen breitete sich über Ägypten aus. Die Insekten drangen in Häuser, Tempel und Paläste ein. Die Menschen konnten nicht mehr essen oder schlafen, ohne gestochen zu werden. Tiere liefen panisch umher und versuchten, die Fliegen von sich abzuschütteln.
Doch in Gosen, wo die Israeliten lebten, herrschte vollkommene Ruhe. Keine einzige Fliege störte ihren Alltag. Das Volk Gottes war sicher unter dem Schutz des Herrn.
Schließlich gab der Pharao nach und ließ Mose rufen. „Opfert eurem Gott hier in Ägypten, aber bleibt im Land,“ bot er an.
„Das geht nicht,“ erklärte Mose. „Unsere Opfer würden den Ägyptern ein Greuel sein, und sie würden uns dafür steinigen. Wir müssen drei Tagesreisen in die Wüste ziehen.“
Nach einigem Zögern stimmte Pharao schließlich zu. „Gut, ich lasse euch gehen. Bittet nur, dass der Herr die Fliegen fortnimmt.“
Mose warnte ihn: „Aber betrüge uns nicht wieder!“
Mose betete, und sofort verschwanden die Stechfliegen. Doch sobald die Gefahr vorüber war, verhärtete Pharao erneut sein Herz. Er hielt sein Wort nicht.
Die fünfte Plage: Die Viehpest
Gott sprach zu Mose: „Geh zu Pharao und sage ihm: 'So spricht der Herr, der Gott der Hebräer: Lass mein Volk ziehen, damit es mir dient. Weigerst du dich weiterhin, werde ich eine schwere Plage über dein Vieh bringen.'“
Mose und Aaron überbrachten dem Pharao diese Botschaft. Mose fügte hinzu: „Das Vieh der Israeliten wird verschont bleiben. Nicht ein einziges Tier in Gosen wird sterben.“
Pharao hörte die Warnung, aber sein Herz blieb hart. Er wollte die Israeliten nicht ziehen lassen. Da sandte Gott die Plage. Über Nacht begann das Vieh der Ägypter schwer zu erkranken. Pferde, Kamele, Rinder und Schafe fielen in großen Mengen tot um. Die Straßen und Felder waren voller toter Tiere. Der Verlust war so groß, dass Panik unter den Ägyptern ausbrach.
Doch wie angekündigt, war in Gosen alles ruhig. Kein einziges Tier der Israeliten kam zu Schaden. Pharao schickte Boten in das Gebiet der Israeliten, um sich davon zu überzeugen. Als er hörte, dass dort tatsächlich kein Tier gestorben war, hätte er erkennen müssen, dass dies Gottes Hand war. Doch er verschloss erneut sein Herz.
Die sechste Plage: Blattern und Geschwüre
Gott befahl Mose und Aaron: „Nehmt eine Handvoll Ruß aus einem Ofen. Mose, wirf ihn vor den Augen des Pharaos in die Luft. Der Staub wird sich im ganzen Land Ägypten verteilen und Menschen und Tiere mit schmerzhaften Geschwüren bedecken.“
Mose und Aaron taten, was Gott gesagt hatte. Der feine Staub schwebte durch die Luft, und schon bald zeigten sich auf der Haut der Ägypter rote, entzündete Geschwüre. Die Schmerzen waren unerträglich. Selbst die Priester und Zauberer, die den Pharao bis jetzt unterstützt hatten, litten darunter. Sie konnten nicht einmal mehr vor ihm erscheinen, so sehr plagten sie die Schmerzen.
Doch Pharao blieb weiterhin unbeirrt. Trotz des Leidens seines Volkes und seines eigenen Hofes wollte er die Israeliten nicht freigeben.
Die siebte Plage: Hagel und Feuer
Gott sprach zu Mose: „Erhebe dich früh am Morgen und stelle dich vor den Pharao. Sage ihm: 'So spricht der Herr, der Gott der Hebräer: Lass mein Volk ziehen. Dieses Mal werde ich alle meine Plagen über dich und dein Volk bringen, damit du erkennst, dass ich der Herr bin.‘“
Mose warnte den Pharao vor einem gewaltigen Unwetter: „Schicke deine Diener hinaus, damit sie alles Vieh und alles, was sich auf den Feldern befindet, in Sicherheit bringen. Denn jeder Mensch und jedes Tier, das draußen bleibt, wird durch den Hagel umkommen.“
Einige Ägypter nahmen die Warnung ernst und brachten ihr Vieh und ihre Diener in Schutz. Andere jedoch glaubten Mose nicht und ließen ihre Tiere draußen. Da kam der Sturm: Gewaltige Hagelkörner prasselten vom Himmel, begleitet von Blitz und Donner. Die Hagelkörner waren so groß und schwer, dass sie alles zerstörten, was auf den Feldern war. Menschen und Tiere starben, Bäume wurden zerschmettert, und die Felder lagen in Trümmern. Feuer schoss vom Himmel und verwüstete alles, was der Hagel nicht traf.
Doch in Gosen war es ruhig. Die Israeliten blieben verschont.
Pharao war tief erschüttert. Er ließ Mose und Aaron rufen und sagte: „Ich habe mich versündigt. Der Herr ist im Recht, ich aber und mein Volk sind schuldig. Bittet den Herrn, dass er den Donner und den Hagel aufhören lässt. Dann werde ich euch ziehen lassen.“
Mose antwortete: „Sobald ich die Stadt verlasse, werde ich meine Hände zum Herrn erheben, und das Unwetter wird aufhören. Doch ich weiß, dass du und deine Großen den Herrn immer noch nicht wirklich fürchtet.“
Mose betete, und der Sturm legte sich sofort. Doch als Pharao sah, dass die Gefahr vorüber war, verhärtete er erneut sein Herz und weigerte sich abermals, das Volk ziehen zu lassen.
Die achte Plage: Heuschrecken
Gott sprach zu Mose: „Geh zu Pharao und sage ihm: 'So spricht der Herr, der Gott der Hebräer: Wie lange weigerst du dich, dich vor mir zu demütigen? Lass mein Volk ziehen, damit es mir dient. Wenn du dich weiterhin widersetzt, werde ich morgen eine Plage von Heuschrecken über dein Land bringen. Sie werden den Rest der Ernte, die der Hagel verschont hat, vernichten. Sie werden dein ganzes Land bedecken, sodass man den Boden nicht mehr sehen kann.‘“
Pharaos Diener begannen unruhig zu werden. Sie flehten ihn an: „Wie lange soll dieser Mann uns noch Unheil bringen? Lass die Leute ziehen, damit sie ihrem Gott dienen können. Ägypten ist schon fast zerstört!“
Pharao ließ Mose und Aaron rufen und fragte: „Wer genau soll denn gehen, um dem Herrn zu dienen?“
Mose antwortete mutig: „Wir alle – jung und alt, unsere Söhne und Töchter, unsere Schafe und Rinder. Denn wir müssen dem Herrn ein Fest feiern.“
Doch Pharao lachte höhnisch und schrie: „So wahr der Herr mit euch sei, wie ich euch und eure Kinder ziehen lasse! Ihr habt Böses im Sinn! Nur die Männer dürfen gehen und dem Herrn dienen.“ Und er ließ Mose und Aaron aus dem Palast werfen.
Da erhob sich auf Gottes Befehl ein starker Ostwind, der Heuschrecken ins Land Ägypten brachte. Die Schwärme waren so dicht, dass der Himmel verdunkelt wurde. Sie fraßen alles auf, was der Hagel verschont hatte – alle Pflanzen und Früchte. Kein einziges grünes Blatt blieb übrig. Die Ägypter waren verzweifelt.
Erneut ließ Pharao Mose und Aaron rufen und sagte: „Ich habe mich versündigt an eurem Gott und an euch. Vergebt mir meine Schuld und bittet den Herrn, dass er diese Plage von mir nimmt.“
Mose betete, und Gott schickte einen starken Westwind, der die Heuschrecken forttrieb. Doch kaum war die Gefahr gebannt, verhärtete Pharao wieder sein Herz und wollte die Israeliten nicht ziehen lassen.
Die neunte Plage: Finsternis
Gott sprach zu Mose: „Strecke deine Hand zum Himmel, damit eine dichte Finsternis über das Land Ägypten kommt, eine Finsternis, die man greifen kann.“
Mose gehorchte, und sofort legte sich eine unheimliche Dunkelheit über ganz Ägypten. Drei Tage lang konnte niemand das Haus verlassen, weil die Finsternis so dicht war. Es herrschte eine drückende, beinahe erstickende Stille. Die Ägypter fühlten sich wie in einem Alptraum gefangen. Doch bei den Israeliten in Gosen war es hell.
Pharao rief Mose erneut und sagte: „Geht und dient dem Herrn. Aber lasst eure Herden und euer Vieh hier. Eure Kinder dürfen mitgehen.“
Mose schüttelte den Kopf. „Nicht eine Klaue unserer Tiere wird zurückbleiben. Wir werden unser Vieh mitnehmen, denn wir wissen nicht, womit wir dem Herrn opfern sollen, bis wir dorthin kommen.“
Da packte Pharao der Zorn. „Verschwinde! Hüte dich, dass du mir nicht mehr unter die Augen kommst. An dem Tag, an dem ich dich sehe, wirst du sterben!“
Mose antwortete ruhig: „Wie du gesagt hast. Ich werde dir nicht mehr vor die Augen kommen.“
Die zehnte Plage: Der Tod der Erstgeborenen
Gott sprach zu Mose: „Noch eine letzte Plage werde ich über Pharao und Ägypten bringen. Danach wird er euch ziehen lassen, und nicht nur das – er wird euch aus dem Land treiben. Bereitet euch vor. In dieser Nacht werde ich durch Ägypten gehen, und alle Erstgeborenen in Ägypten werden sterben – vom Sohn des Pharaos bis zum Erstgeborenen der niedrigsten Magd und der Erstgeburt des Viehs.“
Gott gab Mose genaue Anweisungen für das Volk Israel. Jede Familie sollte ein fehlerloses Lamm schlachten und das Blut an die Türpfosten ihrer Häuser streichen. „Das Blut soll euer Zeichen sein. Wenn ich es sehe, werde ich an euch vorübergehen. Die Plage wird euch nicht treffen“, erklärte Gott.
Die Israeliten hörten auf Mose und bereiteten das Passahmahl vor. Sie aßen das gebratene Lamm mit ungesäuertem Brot und bitteren Kräutern. Sie blieben wach, bereit für den Aufbruch. Die ganze Nacht herrschte eine gespannte Stille.
Um Mitternacht erfüllte ein Schrei das Land. In jedem ägyptischen Haus war ein Toter. Kein erstgeborener Sohn blieb verschont – auch der Sohn des Pharaos war tot. Die Trauer und das Wehklagen waren überall zu hören. Pharao ließ Mose und Aaron noch in der Nacht rufen und sagte: „Macht euch auf und zieht weg, ihr und euer Volk. Dienet dem Herrn, wie ihr gesagt habt. Nehmt auch eure Herden mit und geht. Und betet für mich.“
Die Ägypter drängten die Israeliten zum schnellen Aufbruch, aus Angst, dass noch mehr Unglück über sie hereinbrechen könnte. Sie gaben den Israeliten Gold, Silber und Kleidung, damit sie schnell gingen.
Der Auszug aus Ägypten
Noch vor Sonnenaufgang begannen die Israeliten ihren Weg aus Ägypten. Männer, Frauen, Kinder und sogar viele Ägypter, die sich dem Gott Israels zuwandten, zogen gemeinsam fort. Es waren etwa sechshunderttausend Männer, dazu ihre Familien und große Herden von Vieh.
Mose erinnerte das Volk an die Verheißung Gottes: „Heute erfüllt sich, was der Herr unseren Vorfahren Abraham, Isaak und Jakob versprochen hat. Wir ziehen aus der Knechtschaft in das Land, das Gott uns geben wird. Vergesst niemals diesen Tag und erzählt euren Kindern und Enkeln davon.“
Die Israeliten zogen in geordneten Gruppen aus, geleitet von einer Wolkensäule bei Tag und einer Feuersäule bei Nacht. Diese Zeichen Gottes zeigten ihnen den Weg und schenkten ihnen Zuversicht.
Die Freude war groß, doch einige waren auch unsicher und fragten sich, was sie in der Wüste erwarten würde. Würden sie genügend Wasser und Nahrung finden? Wie würde Gott sie weiterführen?
Mose aber ermutigte sie: „Der Herr ist bei uns. Er hat uns befreit und wird auch weiterhin für uns sorgen.“
Die Verfolgung durch das ägyptische Heer
Während die Israeliten ihrem Weg folgten, war in Ägypten die Stimmung umgeschlagen. Pharao und seine Ratgeber bereuten es, die Israeliten freigelassen zu haben. „Warum haben wir das getan? Jetzt haben wir keine Sklaven mehr, die für uns arbeiten!“, klagte Pharao. Er ließ seine Streitkräfte rufen und stellte sechshundert seiner besten Wagen zusammen, dazu Reiter und Soldaten. Selbst der Pharao führte das Heer an.
„Wir werden sie einholen und zurückbringen!“, rief er voller Zorn. Die Wagen donnerten durch die Wüste, während die Soldaten die Verfolgung aufnahmen.
Die Israeliten hatten ihr Lager am Ufer des Roten Meeres aufgeschlagen, als sie plötzlich das Donnern der herannahenden Streitwagen hörten. Als sie sich umsahen, sahen sie in der Ferne die glänzenden Rüstungen und das aufwirbelnde Staubmeer der ägyptischen Armee.
Panik brach aus. „Was sollen wir tun? Wir sind gefangen! Vor uns das Meer und hinter uns die Ägypter!“ Die Menschen liefen zu Mose und schrien verzweifelt: „Waren nicht genug Gräber in Ägypten, dass du uns hierhergebracht hast, um in der Wüste zu sterben? Warum hast du uns das angetan? Wir hätten lieber den Ägyptern weiter gedient, als hier zu sterben!“
Gottes Schutz und Mose‘ Zuversicht
Mose blieb ruhig und sprach mit fester Stimme: „Habt keine Angst! Bleibt standhaft und seht, wie der Herr uns heute retten wird. Die Ägypter, die ihr heute seht, werdet ihr niemals wiedersehen. Der Herr wird für uns kämpfen – ihr müsst nur still bleiben.“
In diesem Moment bewegte sich die Wolkensäule, die das Volk bisher geführt hatte. Sie schwebte über die Israeliten hinweg und stellte sich zwischen sie und das ägyptische Heer. Für die Ägypter wurde die Wolke zu einer dichten, undurchdringlichen Finsternis. Sie konnten nichts mehr sehen und mussten anhalten. Doch auf der Seite der Israeliten leuchtete die Wolkensäule wie Feuer und erhellte das ganze Lager.
In dieser heiligen Stille hörte Mose die Stimme Gottes: „Warum schreist du zu mir? Sag dem Volk, dass es vorwärtsziehen soll. Hebe deinen Stab und strecke deine Hand über das Meer aus. Es wird sich teilen, und die Israeliten werden auf trockenem Boden hindurchgehen.“
Mose gehorchte. Er hob seinen Stab, und ein starker Wind begann zu tosen. Die Wasser des Roten Meeres teilten sich und bildeten zwei mächtige Wände, zwischen denen ein trockener Weg entstand. Das Volk stand still vor Staunen. Die Feuersäule leuchtete den Weg durch das Meer und zeigte ihnen den Pfad.
Der Durchzug durch das Rote Meer
„Vorwärts! Der Herr hat uns einen Weg geöffnet!“, rief Mose. Die Israeliten begannen ihren Weg durch das Meer. Frauen, Männer und Kinder eilten mit ihren Habseligkeiten zwischen den riesigen Wasserwänden hindurch. Die schäumenden Wellen standen wie Mauern zu beiden Seiten des Pfades, doch die Füße der Israeliten blieben trocken.
Die Ägypter, die nun die Flammenwand vor sich verschwinden sahen, setzten die Verfolgung fort. „Nach ihnen!“, rief Pharao, und seine Soldaten trieben die Pferde an. Die Streitwagen donnerten hinter den Israeliten her in das geteilte Meer.
Doch dann geschah etwas Seltsames. Die Räder der ägyptischen Wagen blockierten plötzlich und lösten sich. Die Pferde gerieten in Panik. Die Ägypter erkannten, dass etwas Übernatürliches geschah. „Flieht! Der Herr kämpft für sie gegen uns!“, schrien sie entsetzt.
Gott sprach erneut zu Mose: „Strecke deinen Stab über das Meer zurück.“ Mose tat es, und die Wasserwände stürzten mit donnerndem Getöse zusammen. Die Ägypter wurden von den mächtigen Wassermassen erfasst und in die Tiefe gerissen. Keiner von ihnen entkam.
Die Befreiung und das Loblied des Sieges
Als der Morgen dämmerte, sahen die Israeliten die toten Körper der ägyptischen Soldaten und Pferde an das Ufer gespült. Ihre mächtigsten Feinde waren besiegt. Eine überwältigende Freude erfüllte das Volk. Sie hatten die Allmacht Gottes mit eigenen Augen gesehen.
Mose trat hervor und stimmte ein Loblied an:
„Ich will dem Herrn singen, denn er hat eine herrliche Tat getan,
Roß und Reiter hat er ins Meer gestürzt!
Der Herr ist meine Stärke und mein Lobgesang,
er ist mein Heil!“
Das ganze Volk sang mit, und Mirjam, Moses Schwester, führte die Frauen an. Sie nahmen Pauken und stimmten einen freudigen Reigen an. Die Lieder des Dankes und der Freude hallten weit über das Meer und die Wüste hinaus.
Von diesem Tag an sollte sich das Volk Israel für immer an diese mächtige Rettung erinnern. Gott hatte gezeigt, dass er seine Verheißungen erfüllt und sein Volk niemals im Stich lässt.
Die Bedeutung des Siegesliedes und der Erinnerung
Der Lobgesang des Mose und des Volkes Israel war nicht einfach nur ein Ausdruck der Freude über ihre Rettung. Es sollte ein Lied werden, das sie nie wieder vergessen würden. Immer wenn die Israeliten später in schwierigen Zeiten Mut und Trost brauchten, erinnerten sie sich an die Worte dieses Siegesliedes. Es erinnerte sie daran, dass Gott sie aus der schlimmsten Gefahr befreit hatte – aus einer scheinbar aussichtslosen Lage am Roten Meer.
Auch die Propheten und Sänger Israels griffen dieses Lied immer wieder auf. Sie erzählten von Gottes Stärke, die sich durch die Geschichte hindurch zeigte. In der Offenbarung wird sogar berichtet, dass die, die den Sieg über das Böse errungen haben, am Ende der Zeiten das Lied des Mose und des Lammes singen werden.
Gottes Plan der Führung
Doch die Reise war noch nicht zu Ende. Gott führte sein Volk weiterhin durch die Wüste. Am Tag zeigte sich der Herr in einer schützenden Wolkensäule, die das Volk vor der heißen Sonne bewahrte. Nachts erschien die Wolke als Feuersäule und leuchtete ihnen den Weg.
Die Israeliten staunten über diese Zeichen. Es war, als ob Gott selbst sie wie eine große Schutzdecke umgab. Diese Wolkensäule bedeutete nicht nur Schutz, sondern auch Führung. Wann immer sie sich bewegte, wusste das Volk, dass es Zeit war, weiterzuziehen.
Der nächste Prüfungsweg
Gott führte das Volk absichtlich nicht auf dem kürzesten Weg nach Kanaan, der durch das Land der Philister geführt hätte. Er wusste, dass die Israeliten noch nicht bereit für Kämpfe und Auseinandersetzungen waren. Stattdessen führte er sie auf einem längeren Weg, der zum Roten Meer führte. Dieser Weg sollte ihnen nicht nur die Größe Gottes zeigen, sondern auch ihren Glauben und ihr Vertrauen in ihn stärken.
Immer wieder gerieten die Israeliten während der Wüstenwanderung in Situationen, in denen ihr Glaube auf die Probe gestellt wurde. Doch durch jedes Wunder und jede Rettung wollte Gott ihnen zeigen, dass er sie niemals im Stich lassen würde.
Die Lektion für alle Zeiten
Das Ereignis am Roten Meer sollte nicht nur für die Israeliten, sondern für alle Menschen ein Beispiel sein. Es zeigt, dass Gott seinen Weg mit uns auch dann fortführt, wenn die Herausforderungen groß und die Hindernisse unüberwindbar scheinen.
Der Glaube ist der Schlüssel. Die Israeliten hätten niemals gerettet werden können, wenn sie nicht in dem Moment vorwärtsgegangen wären, als Mose den Befehl dazu gab. Sie hatten kaltes Wasser vor sich und die Streitwagen der Ägypter im Rücken – doch sie vertrauten auf Gott und gingen in das geteilte Meer hinein.
Dankbarkeit für Gottes Erlösung
Dieser Sieg über die Ägypter lehrt uns auch, Gott für seine Wunder zu danken. So wie die Israeliten durch das Meer hindurchgingen und danach Lob und Dank anstimmten, sollten auch wir heute dankbar für Gottes Führung und Schutz sein. In jeder Herausforderung können wir uns an seine Treue erinnern.
Die tägliche Dankbarkeit gegenüber Gott hilft uns, seinen Frieden und seine Nähe zu spüren. Der Psalmist drückte es so aus:
„Wer Dank opfert, der preiset mich“ (Psalm 50,23).