Die letzten großen Siege
Nach dem wunderbaren Sieg bei Gibeon, als Gott die Sonne stillstehen ließ, eroberte Josua schnell den ganzen Süden des Landes. "So besiegte Josua das ganze Land auf den Bergen und im Süden und im Hügelland", steht in der Heiligen Schrift geschrieben. "Der Herr, der Gott Israels, kämpfte für Israel."
Aber die Könige im Norden des Landes bekamen große Angst, als sie von Israels Siegen hörten. Sie beschlossen, sich alle zusammenzutun und gemeinsam gegen das Volk Gottes zu kämpfen. An der Spitze stand König Jabin von Hazor, einer mächtigen Stadt am See Merom.
Was für ein riesiges Heer sie zusammenbrachten! Es waren so viele Soldaten wie Sand am Meer. Dazu hatten sie viele Pferde und eiserne Kampfwagen - die modernsten Waffen ihrer Zeit. Ihr Lager am See Merom war gewaltig.
Aber Gott sprach wieder zu Josua: "Hab keine Angst vor ihnen! Morgen um diese Zeit werde ich sie alle besiegt in deine Hand geben."
Der Überraschungsangriff
Josua griff das feindliche Lager völlig überraschend an. Die Feinde hatten nicht damit gerechnet, dass Israel so schnell und mutig angreifen würde. "Der Herr gab sie in die Hände Israels, und sie verfolgten sie, bis niemand mehr von ihnen übrig war."
Aber Gott gab Josua einen besonderen Befehl: Die erbeuteten Pferde und Wagen sollten vernichtet werden. Die Pferde wurden gelähmt, die Wagen verbrannt. Israel sollte nicht auf Pferde und Wagen vertrauen, sondern auf den Namen des Herrn, ihres Gottes.
Eine Stadt nach der anderen wurde erobert. Hazor, die Hauptstadt der Feinde, wurde niedergebrannt. Der Krieg dauerte noch einige Jahre, aber am Ende war Josua Herr über das ganze Land Kanaan. "Und das Land kam zur Ruhe vom Krieg."
Die große Aufgabe der Landverteilung
Obwohl die Macht der Kanaaniter gebrochen war, gab es noch viele Gebiete, die nicht vollständig erobert waren. Die Philister hielten noch die Küstenebene im Westen. Im Norden lebten noch die Sidonier. Im Süden gab es ebenfalls noch feindliche Völker.
Aber Josua sollte den Krieg nicht fortsetzen. Gott hatte ihm eine andere wichtige Aufgabe gegeben: Das ganze Land sollte unter die zwölf Stämme Israels aufgeteilt werden. Jeder Stamm würde dann selbst dafür sorgen müssen, sein Gebiet vollständig zu erobern. Wenn sie Gott vertrauten, würde er ihre Feinde vor ihnen vertreiben.
Die Landverteilung wurde Josua, dem Hohenpriester Eleasar und den Anführern der Stämme übertragen. Jeder Stamm bekam sein Gebiet durch das Los zugewiesen - so konnte niemand sagen, die Verteilung sei unfair gewesen.
Der Stamm Levi bekam kein eigenes Gebiet, weil sie für den Dienst am Heiligtum bestimmt waren. Stattdessen erhielten sie achtundvierzig Städte, die über das ganze Land verteilt waren.
Kalebs besonderer Wunsch
Bevor die Landverteilung richtig begann, kam ein alter Mann zu Josua. Es war Kaleb, jetzt 85 Jahre alt und neben Josua der einzige noch lebende Kundschafter von damals. Er hatte eine besondere Bitte.
"Erinnerst du dich noch?", fragte Kaleb Josua. "Vor 45 Jahren waren wir die einzigen Kundschafter, die dem Volk Mut gemacht haben, das verheißene Land zu erobern. Damals versprach Mose mir: 'Das Land, das dein Fuß betreten hat, soll dein Erbteil sein für immer, weil du dem Herrn treu gefolgt bist.'"
Kaleb zeigte auf die Berge im Süden. "Gib mir Hebron als mein Erbteil! Ich weiß, dort leben die gefürchteten Riesen, die Enakiter. Vor ihnen hatten die anderen Kundschafter damals solche Angst. Aber der Herr hat mich 45 Jahre lang am Leben erhalten. Ich bin heute noch so stark wie damals. Mit Gottes Hilfe werde ich diese Riesen besiegen!"
Ein Mann des Glaubens
Was für ein bemerkenswerter Mann war dieser Kaleb! Mit 85 Jahren bat er nicht um ein ruhiges, bereits erobertes Gebiet. Nein, er wollte genau den Ort, den alle anderen für uneinnehmbar hielten. Er wollte die Stadt erobern, in der die größten und stärksten Feinde lebten.
Josua war begeistert von Kalebs Glauben und Mut. Sofort gewährte er ihm die Bitte. "Da segnete Josua den Kaleb und gab ihm Hebron zum Erbteil, weil er dem Herrn, dem Gott Israels, treu gefolgt war."
Kalebs Glaube war genauso stark wie vor 45 Jahren, als er gegen den Bericht der anderen Kundschafter gesprochen hatte. Die ganze Zeit über - während der langen Wüstenwanderung, während all der Entbehrungen und Kämpfe - hatte er nie aufgehört, Gott zu vertrauen. Er hatte nie geklagt oder gemurrt. Stattdessen hatte er immer Gottes Güte gepriesen.
Der Sieg über die Riesen
Kaleb erhielt das Erbteil, auf das er 45 Jahre lang gewartet hatte. Und im Vertrauen auf Gott "vertrieb er von dort die drei Söhne Enaks" - die gefürchteten Riesenbrüder, vor denen ganz Israel einst gezittert hatte.
Aber Kaleb ruhte sich nicht auf seinem Erfolg aus. Nachdem er sein eigenes Land erobert hatte, half er anderen Stämmen dabei, ihre Gebiete zu erobern. Ihm ging es nicht um persönlichen Ruhm, sondern darum, Gott zu ehren und das ganze Volk zu ermutigen.
Die Geschichte Kalebs zeigt uns etwas Wunderbares: Die Feiglinge und Rebellen waren in der Wüste gestorben, aber die treuen Kundschafter durften von den köstlichen Trauben des verheißenen Landes essen. Jeder empfing nach seinem Glauben.
Die Ungläubigen hatten ihre Befürchtungen bestätigt gesehen. Sie hatten behauptet, es sei unmöglich, Kanaan zu erobern - und für sie wurde es auch unmöglich. Aber die Gott vertrauten, betraten das verheißene Land und eroberten es.
Ein ganz anderer Geist
Ganz anders als Kaleb verhielten sich die Nachkommen Josephs - die Stämme Ephraim und der halbe Stamm Manasse. Sie kamen zu Josua mit einer Beschwerde.
"Warum hast du uns nur ein Los und ein Erbteil gegeben?", fragten sie. "Wir sind doch ein großes Volk! Wir brauchen mehr Land!"
Dabei hatten sie bereits das reichste Gebiet des ganzen Landes bekommen, einschließlich der fruchtbaren Ebene Saron. Aber in ihrem Gebiet gab es noch viele Städte, die von Kanaanitern bewohnt waren. Anstatt diese zu erobern, wollten sie lieber zusätzliches Land, das bereits erobert war.
Josua blieb fest und gerecht. "Wenn ihr ein so großes Volk seid", antwortete er, "dann geht hinauf ins Waldgebirge und rodet dort für euch Land im Gebiet der Perisiter und Riesen, wenn euch das Gebirge Ephraim zu eng ist."
Der wahre Grund ihrer Beschwerde
Jetzt kam die Wahrheit heraus. "Das Gebirge reicht nicht für uns", sagten sie. "Außerdem haben alle Kanaaniter im flachen Land eiserne Wagen!"
Da war es! Es fehlte ihnen an Glauben und Mut, die Kanaaniter zu vertreiben. Sie hatten Angst vor den eisernen Wagen der Feinde.
Josua führte ihre eigenen Worte gegen sie an. "Ihr seid ein großes Volk", sagte er. "Dann werdet ihr auch die Kanaaniter vertreiben können, obwohl sie eiserne Wagen haben. Mit Gottes Hilfe braucht ihr diese Wagen nicht zu fürchten."
Welch ein Unterschied zwischen Kaleb und den Nachkommen Josephs! Kaleb suchte die größte Herausforderung und vertraute auf Gott. Die anderen suchten den leichtesten Weg und fürchteten sich vor Schwierigkeiten.
Ein neues Zuhause für die Stiftshütte
Bis jetzt war Gilgal Israels Hauptquartier gewesen. Hier hatte die Stiftshütte gestanden. Aber nun sollte sie einen dauerhaften Platz bekommen. Gott wählte dafür die kleine Stadt Silo im Gebiet Ephraim aus.
Silo lag etwa in der Mitte des Landes und war von allen Stämmen leicht zu erreichen. Das Gebiet war bereits vollständig erobert, so dass die Anbeter Gottes nicht gestört werden konnten.
"Die ganze Gemeinde der Kinder Israel versammelte sich in Silo und richtete dort die Stiftshütte auf." Die Stämme, die noch im Lager lebten, folgten der Stiftshütte von Gilgal nach Silo und schlugen dort ihre Zelte auf.
Dreihundert Jahre lang blieb die Bundeslade in Silo - bis sie wegen der Sünden des Priesterhauses Eli in die Hände der Philister fiel und Silo zerstört wurde. Später wurde der Tempeldienst nach Jerusalem verlegt, und Silo wurde bedeutungslos.
Josuas bescheidener Wunsch
"Als das ganze Land ausgeteilt war" und alle Stämme ihr Erbteil erhalten hatten, stellte auch Josua seine Forderung. Wie Kaleb hatte auch er eine besondere Verheißung bezüglich seines Erbes erhalten.
Aber Josua bat nicht um eine große Provinz oder eine reiche Stadt. Er wollte nur eine einzige kleine Stadt. "Sie gaben ihm die Stadt, die er forderte. Dann baute er die Stadt auf und wohnte darin."
Die Stadt hieß Timnath-Serach, was "der Teil, der übrig bleibt" bedeutet. Dieser Name war ein dauerndes Zeugnis für Josuas edlen Charakter und seine Selbstlosigkeit. Anstatt sich als erster die beste Beute zu nehmen, hatte er seine eigenen Ansprüche zurückgestellt, bis selbst der Geringste aus seinem Volk versorgt war.
Die Freistädte
Sechs von den Städten, die den Leviten zugewiesen worden waren, wurden zu besonderen Freistätten bestimmt. Dorthin konnte jemand fliehen, der aus Versehen einen Menschen getötet hatte.
Diese barmherzige Einrichtung war nötig wegen einer alten Sitte: Wenn jemand getötet wurde, hatte der nächste Verwandte das Recht und die Pflicht, den Mörder zu verfolgen und zu töten. Aber was, wenn es ein Unfall gewesen war?
Die Freistädte waren so verteilt, dass sie aus jeder Gegend des Landes in einem halben Tag zu erreichen waren. Die Straßen dorthin wurden immer in gutem Zustand gehalten. Überall standen Wegweiser mit dem Wort "Zuflucht" in großer, deutlicher Schrift.
Jeder konnte diese Einrichtung nutzen - ob Hebräer, Fremder oder Gast. Aber der Flüchtling musste in der Freistadt bleiben, bis sein Fall ordentlich untersucht worden war. War er wirklich unschuldig, durfte er dort sicher leben. War er schuldig, wurde er dem Rächer ausgeliefert.
Ein Bild von Christus
Diese Freistädte waren ein wunderbares Bild von der Zuflucht, die Christus allen Sündern bietet. Derselbe barmherzige Heiland, der jene irdischen Freistädte anordnete, schuf durch sein vergossenes Blut eine sichere Zuflucht für alle, die das Gesetz Gottes übertreten haben.
Wie der Flüchtling nicht zögern durfte, sondern schnell zur Freistadt laufen musste, so darf auch der Sünder nicht zögern, zu Christus zu kommen. Wie der Flüchtling in der Freistadt bleiben musste, um sicher zu sein, so muss auch der Sünder in Christus bleiben durch Glauben und Gehorsam.
Die Rückkehr der zweieinhalb Stämme
Zwei Stämme Israels - Ruben und Gad - und der halbe Stamm Manasse hatten ihr Erbteil schon erhalten, bevor sie den Jordan überquerten. Die weiten Hochebenen und reichen Wälder von Gilead und Basan boten ausgezeichnetes Weideland für ihre großen Herden.
Aber sie hatten versprochen, mit ihren Brüdern zu kämpfen, bis auch diese ihr Land erobert hatten. Dieses Versprechen hielten sie treu. Vierzigtausend bewaffnete Männer kämpften jahrelang an der Seite ihrer Brüder.
Nun konnten sie endlich nach Hause zurückkehren. Sie kamen zurück "mit großem Reichtum, mit sehr viel Vieh, Silber, Gold, Kupfer, Eisen und Kleidern", das sie mit denen teilen sollten, die bei den Familien und Herden geblieben waren.
Ein gefährliches Missverständnis
Josua sah die zweieinhalb Stämme mit Sorge scheiden. Sie würden nun weit vom Heiligtum des Herrn entfernt leben. Er wusste, wie stark die Versuchung sein würde, in die Gewohnheiten der heidnischen Nachbarn zu verfallen.
Und tatsächlich erreichte bald eine beunruhigende Nachricht das Lager in Silo: Die zweieinhalb Stämme hatten am Jordan einen großen Altar errichtet, ähnlich dem Brandopferaltar in Silo!
Das war ein schweres Vergehen! Gottes Gesetz verbot bei Todesstrafe jeden anderen Gottesdienst als den am Heiligtum. Wenn
sie diesen Altar wirklich für Opfer benutzten, würde das die Stämme vom wahren Glauben wegführen.
Das Volk versammelte sich in Silo, und viele wollten sofort Krieg gegen die "Verräter" führen. Aber die Weiseren rieten zur Vorsicht. "Lasst uns erst eine Abordnung schicken und herausfinden, was wirklich geschehen ist."
Sie wählten zehn Anführer, einen aus jedem Stamm, unter der Leitung von Pinhas, der sich schon früher durch seinen Eifer für Gott ausgezeichnet hatte.
Die Erklärung
Die Abgesandten gingen zu den zweieinhalb Stämmen und machten ihnen heftige Vorwürfe. Sie beschuldigten sie der Rebellion gegen Gott und erinnerten an das Gericht, das über Israel gekommen war, als es Götzendienst getrieben hatte.
Aber die Beschuldigten erklärten ruhig die Wahrheit: "Unser Altar ist nicht als Opferstätte gedacht! Er ist nur ein Zeuge dafür, dass wir, obwohl durch den Fluss getrennt, denselben Glauben haben wie unsere Brüder in Kanaan."
Sie hatten befürchtet, ihre Kinder könnten in Zukunft vom Heiligtum ausgeschlossen werden, weil sie keinen Anteil im eigentlichen Israel hatten. Deshalb sollte dieser Altar, nach dem Vorbild in Silo errichtet, Zeugnis davon ablegen, dass auch sie Anbeter des lebendigen Gottes waren.
Diese Erklärung nahmen die Gesandten mit großer Erleichterung auf. Jeder Gedanke an Krieg war damit beendet. Das Volk lobte Gott für die friedliche Lösung.
Die Kinder Gad und Ruben setzten eine Inschrift auf den Altar: "Zeuge ist er zwischen uns, dass der Herr Gott ist." So wollten sie künftigen Missverständnissen vorbeugen.
Wichtige Lektionen
Diese Geschichte lehrt uns wichtige Lektionen über den Umgang miteinander:
Wie oft entstehen aus einfachen Missverständnissen ernste Schwierigkeiten! Die zehn Stämme meinten es gut - sie wollten verhindern, dass Sünde in Israel eindringt. Aber sie verurteilten ihre Brüder, ohne erst freundlich nachzufragen.
Die zweieinhalb Stämme zeigten große Weisheit. Obwohl sie falsch beschuldigt wurden, blieben sie ruhig und höflich. Sie hörten sich die Vorwürfe geduldig an und erklärten dann ihre wahren Beweggründe.
Auch wir können von ihrem Beispiel lernen: Wenn wir falsch verstanden werden, können wir ruhig und besonnen bleiben. Gott kennt die Wahrheit, auch wenn Menschen sie missverstehen. Wer vom Geist Christi geleitet wird, besitzt jene Liebe, die geduldig und freundlich ist.
Das Ziel der Einheit
Gott will, dass unter seinem Volk Einigkeit und Liebe herrschen. Kurz vor seiner Kreuzigung betete Jesus darum, dass seine Jünger eins seien, wie er mit dem Vater eins ist. Dieses Gebet gilt auch für uns heute.
Diese Einheit zu erreichen sollte unser ständiges Ziel sein, ohne dabei auch nur einen Grundsatz der Wahrheit aufzugeben. Das ist der Beweis unserer Nachfolge. Jesus sagte: "Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt."
Die Geschichte der Landverteilung in Israel zeigt uns Gottes Gerechtigkeit und Güte. Jeder Stamm bekam genau das, was Gott für ihn bestimmt hatte. Kaleb wurde für seinen Glauben belohnt, Josua für seine Selbstlosigkeit geehrt. Und selbst ein Missverständnis wurde durch Weisheit und Geduld friedlich gelöst.
So führt Gott auch heute noch sein Volk. Er gibt jedem, was er braucht, belohnt den Glauben und segnet die Demut. Und wenn Probleme entstehen, können sie durch Liebe und Verständnis gelöst werden.